Die AfD erreicht in aktuellen Umfragen ein neues Rekordhoch von 19 Prozent Zustimmung bundesweit. Damit liegt sie nur noch knapp hinter der Union und deutlich vor der Kanzlerpartei SPD. Was steckt hinter diesem anhaltenden Aufwärtstrend, der trotz zahlreicher Skandale und Enthüllungen nicht abbricht? Besonders alarmierend: In ostdeutschen Bundesländern steht die als rechtsextremistisch eingestufte Partei vor den Landtagswahlen im Herbst teils bei über 30 Prozent.
Die Gründe für den Höhenflug sind vielschichtig. Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach von der Uni Bonn sieht vor allem die tiefe Unzufriedenheit mit der Ampel-Koalition als treibende Kraft: «Viele Menschen haben das Gefühl, die etablierten Parteien kümmern sich nicht um ihre Alltagsprobleme.» Dies zeigt sich besonders bei den Themen Migration und wirtschaftliche Sicherheit. Während andere Parteien mit komplexen Lösungsansätzen ringen, punktet die AfD mit einfachen, oft populistischen Antworten.
In meinen Gesprächen mit Wählern in Baden-Württemberg höre ich immer wieder: «Die da oben verstehen uns nicht mehr.» Diese Entfremdung hat tiefe Wurzeln. Gleichzeitig zeigen Studien des Meinungsforschungsinstituts Forsa, dass nur etwa ein Drittel der AfD-Wähler die Partei aus Überzeugung wählt. Die Mehrheit gibt ihre Stimme aus Protest ab.
Besonders beunruhigend ist die Normalisierung rechtsextremer Positionen. Selbst nach Enthüllungen über Deportationspläne und Verbindungen zu russischen Netzwerken bleibt die Kernwählerschaft treu. Der Hamburger Extremismusforscher Bernd Schirmer warnt: «Wir erleben eine gefährliche Verschiebung dessen, was in unserer Demokratie als sagbar gilt.»
Was bedeutet dies für unsere politische Landschaft? Die anderen Parteien stehen vor einem Dilemma: Ignorieren führt nicht zum Erfolg, Anbiederung ebenso wenig. Der demokratische Wettbewerb braucht mehr als nur Abgrenzung – er braucht überzeugende Antworten auf reale Probleme. Die Frage bleibt: Können unsere demokratischen Institutionen Menschen zurückgewinnen, die das Vertrauen verloren haben?