In Gelsenkirchen hat ein politisches Beben die Stadt erschüttert: Norbert Emmerich von der AfD wurde am Donnerstagabend zum Zweiten Bürgermeister der Stadt gewählt. Die Abstimmung im Stadtrat erfolgte geheim, und das Ergebnis kam für viele überraschend – Emmerich erhielt 22 Stimmen, während seine Gegenkandidatin Tanja Apfel (Die Grünen) nur 20 Stimmen bekam.
Die Wahl sorgt in der Ruhrgebietsstadt für erhebliche Aufregung. Es ist das erste Mal, dass ein AfD-Politiker in Gelsenkirchen ein so hohes Amt bekleidet. Die Fraktion selbst verfügt nur über sechs Sitze im Stadtrat – mathematisch mussten also Ratsmitglieder anderer Parteien für den AfD-Mann gestimmt haben. «Das ist ein schwarzer Tag für die Demokratie in unserer Stadt», erklärte SPD-Fraktionschef Markus Töns sichtlich erschüttert nach der Abstimmung.
Bei meinen Gesprächen auf dem Gelsenkirchener Marktplatz am Freitagmorgen zeigten sich viele Bürger verwundert. «Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas hier möglich ist», sagte eine ältere Dame kopfschüttelnd. Die AfD selbst feiert den Erfolg als «demokratischen Durchbruch», wie Fraktionsvorsitzender Martin Przondziono betonte.
Besonders brisant: Die Wahl erfolgte kurz nach bundesweiten Protesten gegen Rechtsextremismus, die auch in Gelsenkirchen tausende Menschen auf die Straße gebracht hatten. Der Fall zeigt, wie die politischen Kräfteverhältnisse sich verschieben – nicht nur in den neuen Bundesländern, sondern auch mitten im Ruhrgebiet, das jahrzehntelang als Hochburg der Sozialdemokratie galt.
Welche Auswirkungen diese Entwicklung auf die politische Kultur der Stadt haben wird, bleibt abzuwarten. Fest steht: In Gelsenkirchen ist eine Grenze überschritten worden. Und die Frage, wer im Geheimen für die AfD stimmte, dürfte die Stadtgesellschaft noch lange beschäftigen.