Die ersten zwanzig afghanischen Familien landeten gestern nach stundenlanger Verspätung in Hannover. Das Flugzeug aus Istanbul, das ursprünglich für 14:30 Uhr erwartet wurde, setzte erst um 20:15 Uhr auf der Landebahn auf. An Bord: 83 Menschen, darunter 37 Kinder, die nach der erneuten Machtübernahme der radikalislamischen Taliban fliehen mussten. Laut UN-Flüchtlingshilfswerk sind seit dem Abzug westlicher Truppen über 3,2 Millionen Menschen aus Afghanistan geflohen.
Am Gate warteten bereits Helfer des Deutschen Roten Kreuzes mit Decken, Wasser und kleinen Spielzeugen für die Kinder. «Die meisten Familien haben nur das Nötigste dabei – oft nicht mehr als einen Rucksack pro Person», erzählt Sonja Meier vom DRK Niedersachsen. Die Gesichter der Ankommenden zeigen Erschöpfung, aber auch Erleichterung.
Die Bundesregierung hatte das Aufnahmeprogramm nach den schweren Unruhen in Kabul im Sommer ausgeweitet. «Wir können nicht alle aufnehmen, aber wir können gezielt helfen», erklärte Innenministerin Julia Schmidt bei ihrem Kurzbesuch am Flughafen. Besonders Familien von ehemaligen Ortskräften erhalten priorisierten Schutz.
Für mich ist es bereits die vierte Ankunft afghanischer Geflüchteter, die ich als Journalistin begleite. Auffällig ist diesmal die große Zahl an Kindern. Ein achtjähriges Mädchen drückt seine Puppe fest an sich – das einzige Spielzeug, das sie mitnehmen konnte.
Nach einem ersten Gesundheitscheck werden die Familien auf Erstaufnahmeeinrichtungen in Niedersachsen, Hessen und Nordrhein-Westfalen verteilt. Ihre Zukunft bleibt ungewiss. Integration braucht Zeit und Ressourcen, die in vielen Kommunen knapp sind. Dennoch: Die Solidarität in der Zivilgesellschaft ist spürbar. Mehr dazu beim Flüchtlingsrat Niedersachsen.
In Hannover haben sich spontan Bürger mit selbstgebackenen Kuchen und warmen Getränken eingefunden. Eine kleine Geste der Menschlichkeit in unruhigen Zeiten.