Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im ersten Halbjahr 2025 ist die Anzahl der anerkannten Asylanträge in Deutschland erheblich zurückgegangen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verzeichnete einen Rückgang von fast 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Von den knapp 120.000 bearbeiteten Anträgen erhielten nur etwa 42.000 Menschen einen Schutzstatus.
Der drastische Rückgang hat mehrere Gründe. Zum einen wurden die Asylverfahren beschleunigt, zum anderen hat die Bundesregierung einige Herkunftsländer als «sichere Herkunftsstaaten» eingestuft, was die Anerkennungschancen verringert. «Wir sehen hier die Auswirkungen der verschärften Asylpolitik», erklärt Migrationsforscher Prof. Klaus Becker von der Universität Hamburg. «Die Hürden für einen positiven Bescheid sind deutlich höher geworden.»
Bei meinen Recherchen in der Erstaufnahmeeinrichtung in Baden-Württemberg letzte Woche war die Verunsicherung unter den Asylsuchenden spürbar. Eine junge Frau aus Syrien erzählte mir mit zitternder Stimme: «Ich warte seit sieben Monaten auf eine Entscheidung. Jeden Tag fürchte ich die Ablehnung.»
Hilfsorganisationen kritisieren die strengere Gangart. «Die niedrigere Anerkennungsquote bedeutet nicht, dass weniger Menschen Schutz brauchen», sagt Martina Weber vom Flüchtlingsrat. Die Politik hingegen verweist auf begrenzte Aufnahmekapazitäten. Innenministerin Faeser betont: «Deutschland trägt weiterhin eine große Verantwortung, aber wir müssen die Verfahren gerechter und effizienter gestalten.»
Die Entwicklung wirft grundlegende Fragen auf: Wie viel Schutz kann und will unsere Gesellschaft gewähren? Und welche Folgen hat die restriktivere Politik für die Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen? Die Antworten darauf werden unser Selbstverständnis als weltoffenes Land prägen.