Nach dem brutalen Angriff auf den jüdischen Studenten Lahav Shapira beginnt heute in Berlin ein weiterer Prozess. Ein 24-jähriger Palästinenser muss sich wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten. Die Staatsanwaltschaft geht von einer antisemitischen Tatmotivation aus. Der Vorfall an der Freien Universität Berlin hatte im Februar bundesweit für Entsetzen gesorgt.
Der Angeklagte soll Shapira mit Fäusten ins Gesicht geschlagen und ihn anschließend getreten haben, als dieser bereits am Boden lag. Das Opfer erlitt erhebliche Gesichtsverletzungen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten. Besonders erschütternd: Der Angriff ereignete sich auf dem Campus der Freien Universität – einem Ort, der dem freien Gedankenaustausch dienen sollte.
«Dieser Fall zeigt, wie dünn der Firnis der Zivilisation geworden ist», erklärt der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, im Gespräch mit mir. Als ich vergangene Woche mit Betroffenen antisemitischer Gewalt sprach, wurde deutlich, wie sehr die Verunsicherung in der jüdischen Gemeinschaft zunimmt.
Der Prozess reiht sich ein in eine besorgniserregende Entwicklung. Laut polizeilicher Kriminalstatistik hat sich die Zahl antisemitischer Straftaten seit dem 7. Oktober 2023 mehr als verdoppelt. In Hamburg, wo ich aufgewachsen bin, müssen jüdische Einrichtungen inzwischen rund um die Uhr bewacht werden.
Was mich bei meinen Recherchen immer wieder erschüttert: Viele Betroffene berichten, dass antisemitische Anfeindungen im Alltag zunehmen – in der U-Bahn, im Supermarkt, an Universitäten. Der heutige Prozess wird zeigen, ob die Justiz ein klares Zeichen gegen Judenhass setzt. Denn was in Berlin geschieht, hat Signalwirkung für ganz Deutschland.