Die Suche nach Azubis in Niedersachsen gleicht mittlerweile einer Schatzsuche. Über 5.800 Ausbildungsplätze blieben hier im vergangenen Jahr unbesetzt. Gleichzeitig fanden fast 4.300 Jugendliche keinen passenden Ausbildungsplatz. Ein Paradox, das ich bei meinen Recherchen in Düsseldorf ebenso beobachte wie in ländlicheren Regionen. Die Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade meldet: 2023 wurden rund 15 Prozent weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen als noch vor zehn Jahren.
«Wir können uns nicht mehr darauf verlassen, dass die jungen Leute von allein zu uns kommen», erklärt mir Tischlermeister Heinrich Wegner aus Lüchow. In seiner Werkstatt steht seit drei Jahren eine CNC-Fräse ungenutzt, weil er keine qualifizierten Mitarbeiter findet. Die Zahlen der Arbeitsagentur bestätigen: Das Verhältnis hat sich umgekehrt – Bewerber können heute zwischen durchschnittlich 1,7 offenen Stellen wählen.
Was mich besonders nachdenklich stimmt: Viele Unternehmen haben ihre Kommunikation nicht an die neue Realität angepasst. Während meiner Wirtschaftsstudienzeit in Berlin hätten wir uns um jeden Ausbildungsplatz gerissen. Heute müssen Betriebe aktiv werben.
Die Erfolgsgeschichte der Sparkasse Uelzen zeigt, wie es gehen kann. «Wir sind dahin gegangen, wo die jungen Menschen sind – auf Instagram und TikTok«, berichtet Ausbildungsleiterin Sandra Meier. «Unsere Azubis erstellen selbst Content und zeigen authentisch ihren Arbeitsalltag.» Die Bewerberzahlen stiegen binnen eines Jahres um 40 Prozent.
Meine Erfahrung als Wirtschaftsjournalist zeigt: Der demografische Wandel verschärft das Problem weiter. Bis 2035 werden Deutschland etwa vier Millionen Arbeitskräfte fehlen. Unternehmen, die jetzt nicht in Ausbildungsmarketing investieren, werden im Wettbewerb abgehängt. Die Frage ist nicht mehr, ob man es sich leisten kann, sondern ob man es sich leisten kann, es nicht zu tun.