In den hügeligen Stadtteilen im Essener Süden ist der Klimawandel längst spürbar geworden. Nach starken Regenfällen verwandeln sich kleine Bäche in reißende Ströme, die Keller fluten und Straßen überfluten. Der Oefter Bach, ein unscheinbares Gewässer zwischen Kettwig und Werden, steht jetzt im Mittelpunkt eines ambitionierten Naturschutzprojekts, das gleichzeitig dem Hochwasserschutz dient.
Seit März arbeiten Bagger daran, dem Bach sein natürliches Bett zurückzugeben. Das Wasser darf wieder mäandern, sich ausbreiten und bei Starkregen in die neu geschaffenen Überschwemmungsflächen fließen. «Wir geben dem Wasser den Raum zurück, den wir ihm über Jahrzehnte genommen haben», erklärt Projektleiterin Sabine Weber von der Unteren Wasserbehörde Essen.
Die Renaturierung kostet rund 750.000 Euro und wird zu 80 Prozent vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert. Ein wichtiger Schritt, wie Anwohner Wilhelm Müller bestätigt: «Bei den Unwettern 2021 stand das Wasser bis zur Türschwelle. Wir hoffen, dass uns solche Schrecken künftig erspart bleiben.»
Neben dem Hochwasserschutz entstehen neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Schon jetzt haben Biologen die Rückkehr seltener Libellenarten beobachtet. Als ich letzte Woche die Baustelle besuchte, sah ich selbst einen Eisvogel über das neu geschaffene Feuchtgebiet fliegen – ein leuchtendes Blau vor dem braunen Erdreich der Bauarbeiten.
Nicht alle Bürger sind begeistert. Einige Landwirte kritisieren den Verlust von Nutzflächen. Doch die Stadtplanung ist überzeugt: «Was wir hier investieren, sparen wir später bei Hochwasserschäden ein», betont Umweltdezernentin Maria Schulz. Die Arbeiten sollen bis Oktober abgeschlossen sein – rechtzeitig vor der nächsten Regenperiode.
In den kommenden Jahren plant die Stadt weitere solcher Projekte. Die Erfahrungen vom Oefter Bach werden dabei wertvoll sein. Denn eins ist klar: Der Klimawandel wird bleiben – wir müssen uns anpassen, statt gegen ihn anzukämpfen.