In Dresden kommt der barrierefreie Ausbau der Straßenbahnhaltestellen nur langsam voran. Aktuell sind 51 Prozent der 468 Haltestellen im Netz der Dresdner Verkehrsbetriebe barrierefrei gestaltet. Diese Zahl nannte die Stadtverwaltung kürzlich auf Anfrage der Linksfraktion im Stadtrat. Besonders für ältere Menschen, Familien mit Kinderwagen und Menschen mit Behinderung bleibt der Alltag dadurch erschwert.
Einen flächendeckenden barrierefreien Ausbau wird es so schnell nicht geben. Das Tempo der Umbauten ist ernüchternd: In den vergangenen fünf Jahren wurden durchschnittlich nur sechs Haltestellen pro Jahr barrierefrei umgebaut. Bei gleichbleibendem Tempo würden die restlichen 230 Haltestellen erst in 38 Jahren barrierefrei sein – also im Jahr 2062.
«Die Situation ist für viele Dresdner eine tägliche Hürde», sagt Thomas Bergmann vom Behindertenverband Dresden. «Menschen mit Mobilitätseinschränkungen werden faktisch von der Teilhabe am öffentlichen Leben ausgeschlossen.»
Die Kosten für den Umbau einer Haltestelle liegen je nach Komplexität zwischen 250.000 und einer Million Euro. Die Stadt begründet das langsame Tempo mit begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen. Zudem erschweren oft komplizierte Eigentumsverhältnisse und fehlende Flächen den Umbau.
Als ich letzte Woche am Albertplatz unterwegs war, beobachtete ich, wie ein älterer Herr mit Rollator minutenlang versuchte, in die Straßenbahn einzusteigen. Ohne die Hilfe anderer Fahrgäste wäre es ihm nicht gelungen.
Der Stadtrat hat nun beschlossen, die jährliche Zahl der Umbauten auf mindestens zehn Haltestellen zu erhöhen. Doch selbst damit würde die vollständige Barrierefreiheit erst in 23 Jahren erreicht werden. Mehr Details zum aktuellen Ausbauprogramm gibt es auf der Webseite der Stadt Dresden.
In einer Zeit, in der Inklusion und Teilhabe zentrale gesellschaftliche Werte sein sollten, wirft das langsame Tempo grundlegende Fragen auf: Wie viel ist uns Barrierefreiheit wirklich wert? Und dürfen wir es hinnehmen, dass volle Teilhabe für alle noch Jahrzehnte auf sich warten lässt?