In den Krankenhausfluren Bayerns herrscht dieser Tage eine angespannte Stimmung. Nicht wegen voller Stationen, sondern wegen leerer Kassen. Bei einer Münchner Fachtagung wurde letzte Woche ein alarmierendes Szenario deutlich: Auf Bayerns Krankenhäuser rollt eine Finanzierungskrise zu, die 2027 ihren Höhepunkt erreichen könnte. Die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) spricht von einem drohenden «Finanzkollaps», der ohne entschiedenes Gegensteuern unabwendbar erscheint.
«Die Krankenhäuser werden seit Jahren systematisch unterfinanziert. Was wir jetzt erleben, ist die Quittung für ein krankes Finanzierungssystem», erklärte Roland Engehausen, Geschäftsführer der BKG, während der Tagung. Die Zahlen geben ihm Recht: Über 80% der bayerischen Kliniken rechnen inzwischen mit Verlusten, ein drastischer Anstieg gegenüber den Vorjahren.
Der Hauptgrund für diese Entwicklung liegt in der Schere zwischen steigenden Kosten und stagnierenden Einnahmen. Personalkosten steigen deutlich, während die Vergütungen durch die Krankenkassen nicht im gleichen Maße angepasst werden. Die Corona-Pandemie hat diese Situation weiter verschärft – viele aufgeschobene Behandlungen und zusätzliche Hygienekosten haben die Reserven aufgezehrt.
Besonders dramatisch ist die Lage für kleinere Krankenhäuser im ländlichen Raum. In Niederbayern hat bereits eine Klinik ihren Betrieb eingestellt, drei weitere stehen auf der Kippe. «Wenn wir hier nicht gegensteuern, werden ganze Regionen ihre medizinische Grundversorgung verlieren», warnt Dr. Christina Weber, Ärztin und Gesundheitsökonomin aus Regensburg.
Die bayerische Staatsregierung hat zwar zusätzliche Investitionsmittel in Aussicht gestellt, doch Experten bezweifeln, dass diese ausreichen werden. Historisch betrachtet erinnert die Situation an die Krankenhausreform der 1990er Jahre, die ebenfalls mit Finanzierungsproblemen begann und letztlich zu einer Privatisierungswelle führte.
Was bedeutet das für Patientinnen und Patienten? Längere Anfahrtswege, möglicherweise längere Wartezeiten und eine Konzentration der Versorgung in größeren Zentren. Die medizinische Qualität muss darunter nicht leiden, aber die Erreichbarkeit wird für viele Menschen schwieriger.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob die angekündigte Krankenhausreform auf Bundesebene den bayerischen Kliniken rechtzeitig hilft. Was jedoch heute schon klar ist: Das Gesundheitssystem steht vor einer Zerreißprobe, bei der es nicht nur um Geld geht, sondern um die Frage, wie wir künftig Gesundheitsversorgung organisieren wollen – besonders in einer alternden Gesellschaft, die mehr medizinische Leistungen benötigen wird.