Die Berliner Initiative «Berlin autofrei» hat einen bemerkenswerten juristischen Sieg errungen. Das Berliner Verfassungsgericht gab der Bürgerinitiative recht, die seit Jahren für eine weitgehend autofreie Innenstadt kämpft. Der Senat hatte das Volksbegehren zuvor als unzulässig eingestuft – zu Unrecht, wie das Gericht nun entschied.
«Wir sind nicht aufzuhalten», jubelte Jessamine Davis vom Bündnis «Berlin autofrei» gestern vor dem Gerichtsgebäude. Die Initiative will den Autoverkehr innerhalb des S-Bahn-Rings drastisch reduzieren. Nur noch vier Fahrten pro Person und Jahr sollen mit dem eigenen Auto erlaubt sein – Ausnahmen gelten für Handwerker, Menschen mit Mobilitätseinschränkungen und einige andere Gruppen.
Anfang 2021 hatte die Initiative über 50.000 Unterschriften gesammelt. Der damalige rot-grün-rote Senat erklärte das Vorhaben jedoch für rechtlich unzulässig. Das Argument: Berlin könne als Bundesland nicht über eine solche Verkehrsregelung entscheiden.
Diese Einschätzung hat das Verfassungsgericht nun gekippt. Die Richter urteilten, dass das Land Berlin durchaus die Kompetenz habe, solche Maßnahmen zu beschließen.
Als ich die Nachricht in der Redaktion las, erinnerte ich mich an meine ersten Reportagen in Berlin vor fast zehn Jahren. Schon damals stritten Anwohner und Stadtplaner über die Zukunft des Verkehrs in der Hauptstadt. Die Fronten haben sich seitdem verhärtet.
Der aktuelle schwarz-rote Senat hat bereits angekündigt, gegen die Initiative vorgehen zu wollen. Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) betonte: «Eine nahezu autofreie Innenstadt würde viele Berliner in ihrer Mobilität einschränken und ist mit uns nicht zu machen.»
Die Befürworter bleiben optimistisch. «Berlin könnte Vorreiter für eine menschengerechte Stadtplanung werden», meint Verkehrsexperte Martin Heinlein vom ADFC. Die Initiative muss nun in der zweiten Stufe des Volksbegehrens etwa 175.000 Unterschriften sammeln.
Bleibt die Frage: Wie wollen wir in unseren Städten leben? Die Entscheidung darüber liegt jetzt wieder ein Stück mehr bei den Berlinerinnen und Berlinern selbst.