Die Senatsverwaltung für Bildung in Berlin steht vor einem Neuanfang. Ab September sollen 2000 zusätzliche Lehrkräfte für bessere Qualität an den Schulen sorgen. Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) hat angekündigt, dass auch ein neues Qualitätskonzept kommt – eine Reaktion auf die alarmierenden PISA-Ergebnisse, bei denen Berliner Schüler besonders schlecht abschnitten.
Jeder fünfte Berliner Schüler verlässt derzeit die Schule ohne ausreichende Lesekompetenz. «Diese Zahlen sind nicht länger hinnehmbar», sagte Günther-Wünsch gestern bei der Vorstellung ihrer Strategie im Roten Rathaus. Der neue Ansatz setzt vor allem auf verbindliche Standards: Künftig soll es landesweit einheitliche Lehrpläne geben, die vorschreiben, was in welchem Alter beherrscht werden muss.
Nach jahrelangem Fokus auf Inklusion und individuelle Förderung stehen nun wieder klassische Lernziele im Vordergrund. Besonders die Grundkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen sollen intensiver trainiert werden. Das neue Konzept sieht auch regelmäßige Leistungstests vor, deren Ergebnisse zentral ausgewertet werden.
«Die Freiheit der Schulen bleibt erhalten, aber wir brauchen ein Mindestmaß an Verbindlichkeit», erklärte Bildungsexpertin Dr. Melanie Kuhn vom Institut für Schulqualität. Die Pädagogische Hochschule Neubrandenburg hat die Konzepterstellung wissenschaftlich begleitet.
Als ich vor Jahren an Brennpunktschulen in Neukölln recherchierte, erzählten mir Lehrer hinter vorgehaltener Hand von fehlenden Strukturen und mangelnder Unterstützung. Die neue Strategie könnte hier endlich Abhilfe schaffen.
Auch die Lehrerausbildung soll reformiert werden. Künftig liegt der Schwerpunkt stärker auf Fachdidaktik und dem Umgang mit heterogenen Lerngruppen. Die Bildungsgewerkschaft GEW begrüßt die Initiativen grundsätzlich, warnt jedoch vor zu viel Standardisierung. «Bildung ist mehr als messbare Leistung», so GEW-Sprecherin Martina Weber.
Ob der Kurswechsel Erfolg bringt, wird sich erst in einigen Jahren zeigen. Für die Berliner Schulen beginnt jedenfalls eine neue Zeitrechnung – und für viele Kinder könnte sie den Unterschied zwischen Bildungserfolg und verpassten Chancen bedeuten.