Die Berliner Bildungslandschaft steht vor einer bedeutenden Veränderung: Das Kopftuchverbot für Lehrerinnen an öffentlichen Schulen wird nach jahrelanger Debatte gekippt. Der schwarz-rote Senat einigt sich auf eine Lockerung des umstrittenen Neutralitätsgesetzes, das bisher religiöse Symbole im Unterricht untersagte.
«Wir können nicht länger an einem Gesetz festhalten, das vor den Gerichten keinen Bestand hat», erklärt Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU). In den vergangenen Jahren hatten mehrere muslimische Lehrerinnen erfolgreich gegen ihre Benachteiligung geklagt. Allein im Jahr 2023 zahlte das Land Berlin rund 900.000 Euro an Entschädigungen.
Die Neuregelung sieht vor, dass Lehrkräfte künftig religiöse Symbole wie das Kopftuch tragen dürfen, solange der Unterricht neutral gestaltet wird und keine Missionierung stattfindet. Die Schulaufsicht behält ein Eingriffsrecht bei Verstößen gegen die weltanschauliche Neutralität.
Während Befürworter die Entscheidung als längst überfälligen Schritt für mehr Religionsfreiheit und Gleichbehandlung begrüßen, gibt es auch Kritik. Der Berliner Lehrerverband warnt vor möglichen Konflikten im Schulalltag. «Es wird entscheidend sein, klare Leitlinien zu entwickeln», betont Verbandssprecherin Martina Regensburger.
Als ich vor 15 Jahren über die ersten Kopftuchprozesse in Baden-Württemberg berichtete, war die Stimmung noch eine andere. Damals dominierte die Sorge vor religiöser Einflussnahme. Heute steht der Arbeitsmarkt für Lehrkräfte unter Druck – Berlin braucht jede qualifizierte Pädagogin.
Die Neuregelung soll noch vor den Sommerferien umgesetzt werden. Sie betrifft nur den Schulbereich – für Justiz und Polizei bleibt das Neutralitätsgesetz bestehen. Der Fall zeigt eindrücklich, wie sich Deutschland im Spannungsfeld zwischen Religionsfreiheit und staatlicher Neutralität neu positioniert. Wird diese Entscheidung andere Bundesländer beeinflussen?