In Berlin wird das umstrittene Neutralitätsgesetz deutlich gelockert. Der Senat beschloss gestern eine Änderung, die Lehrerinnen künftig das Tragen religiöser Symbole wie des Kopftuchs im Unterricht erlaubt. Die Regelung tritt zum neuen Schuljahr in Kraft und beendet damit einen 20 Jahre währenden Konflikt, der bis vor das Bundesverfassungsgericht führte.
Die bisherige Regelung untersagte Lehrkräften an Berliner Schulen jegliche sichtbaren religiösen oder weltanschaulichen Symbole. Zahlreiche Betroffene klagten gegen diese Einschränkung. «Wir setzen damit endlich die höchstrichterliche Rechtsprechung um», erklärte Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch bei der Pressekonferenz im Roten Rathaus.
Die Gesetzesänderung ist ein Kompromiss nach langen Verhandlungen zwischen CDU und SPD. Während das Kopftuch künftig erlaubt sein wird, bleiben politische Symbole weiterhin untersagt. Zudem gilt die Lockerung nicht für den Justizbereich, wo Richterinnen und Staatsanwältinnen weiterhin keine religiösen Symbole tragen dürfen.
Bei meinen Gesprächen mit betroffenen Lehrerinnen in Neukölln und Wedding spürte ich die enorme Erleichterung. «20 Jahre lang wurde mir verwehrt, gleichzeitig Lehrerin und gläubige Muslima zu sein», sagte mir Ayşe K., die nun endlich in ihren Beruf zurückkehren möchte.
Kritik kommt vom säkularen Berliner Lehrerverband. «Die religiöse Neutralität der Schule wird aufgeweicht», warnt Verbandssprecher Michael Trost. Die Debatte zeigt, wie Berlin zwischen traditionell säkularer Stadtgesellschaft und wachsender religiöser Vielfalt seinen Weg suchen muss. Was bedeutet Neutralität in einer pluralistischen Gesellschaft? Diese Frage bleibt auch nach der Gesetzesänderung aktuell.