Die Obdachlosigkeit in Berlin zeigt sich besonders deutlich, wenn Menschen ihr gesamtes Hab und Gut in Einkaufswagen oder Tüten mit sich herumschleppen müssen. Seit dieser Woche gibt es in Neukölln ein neues Angebot, das Betroffenen zumindest diese Last nimmt: 50 kostenlose Schließfächer für obdachlose Menschen wurden in einer Einrichtung der Stadtmission eingerichtet. Es ist das erste Projekt dieser Art im Bezirk.
Für viele mag ein Schließfach banal klingen, doch für Menschen ohne festen Wohnsitz bedeutet es Sicherheit und Würde. «Ich kann endlich meine wichtigen Papiere und persönlichen Gegenstände an einem sicheren Ort aufbewahren», erzählt Thomas, der seit drei Jahren auf Berlins Straßen lebt. Die Sorge, im Schlaf bestohlen zu werden, belastet viele Obdachlose zusätzlich zu ihrer ohnehin schwierigen Situation.
Die Idee stammt aus anderen Berliner Bezirken, wo ähnliche Angebote bereits genutzt werden. Die Stadtmission betreibt das Projekt in Kooperation mit dem Bezirksamt. «Wir sehen einen enormen Bedarf«, erklärt Sozialarbeiterin Kathrin Wegner. «Die 50 Fächer waren innerhalb weniger Tage vergeben.»
Bei meinem Besuch in der Einrichtung fällt mir auf, wie organisiert die Nutzer mit ihren wenigen Habseligkeiten umgehen. Ein älterer Herr sortiert sorgfältig seine Medikamente und ein Foto seiner Familie in sein Fach. Solche Momente zeigen, wie wichtig diese kleinen Schritte zur Normalität sind.
Die Schließfächer sind mehr als nur Stauraum – sie sind Teil eines Konzepts, das Menschen wieder ins soziale System zurückführen soll. Die Nutzer kommen regelmäßig in die Einrichtung und haben so Kontakt zu Beratungsangeboten. Der Bezirk will das Projekt bei Erfolg ausweiten. Denn was nützt ein Neuanfang, wenn man nicht einmal einen sicheren Ort für seine Identitätspapiere hat?