Die Berliner SPD steht vor einem Scheideweg. Gestern stellten sich die potenziellen Nachfolger für den Landesvorsitz im Willy-Brandt-Haus vor. Mit nur 14 Prozent in aktuellen Umfragen ist die einst stolze Hauptstadt-SPD auf einem historischen Tiefpunkt angelangt.
«Es geht um nichts weniger als die Existenz der Berliner SPD», sagte Martin Hikel, Bezirksbürgermeister von Neukölln und einer der Kandidaten. Der 38-Jährige tritt gemeinsam mit der Abgeordneten Nicola Böcker-Giannini an. Das Duo steht für einen pragmatischen Kurs.
Die Konkurrenz kommt aus dem linken Flügel: Der frühere Staatssekretär Severin Fischer und die Abgeordnete Luise Lehmann versprechen eine Rückbesinnung auf sozialdemokratische Kernwerte. «Wir haben uns zu sehr in Regierungsverantwortung verloren und dabei vergessen, wofür wir eigentlich stehen», erklärte Fischer.
Auf den künftigen Vorstand warten enorme Herausforderungen. Die Mitgliederzahlen sinken, die Parteistruktur gilt als veraltet. Als ich vor Jahren die Parteizentrale besuchte, war schon damals von notwendiger Erneuerung die Rede – passiert ist wenig.
Auffällig war gestern die Abwesenheit der großen Namen. Weder der Regierende Bürgermeister Kai Wegner noch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil mischten sich unter die etwa 200 Anwesenden. Ein stilles Eingeständnis der Krise?
Die Entscheidung fällt am 4. Mai beim Landesparteitag. Wer auch immer gewinnt: Die neue Führung muss schnell zeigen, dass sie mehr kann als schöne Worte. Sonst droht die SPD in der Hauptstadt dauerhaft zur politischen Randfigur zu werden. Und das ausgerechnet in der Stadt, in der Willy Brandt einst sein politisches Zuhause fand.