In Stuttgart hat ein 51-Jähriger in der Nacht zum Montag einen brutalen Brandanschlag auf drei obdachlose Menschen verübt. Die Opfer – zwei Frauen und ein Mann – schliefen unter einer Brücke am Neckarufer in Bad Cannstatt, als der Tatverdächtige gegen 1:30 Uhr ihre Habseligkeiten anzündete. Aufmerksame Passanten bemerkten das Feuer und alarmierten sofort Polizei und Feuerwehr.
Die drei Obdachlosen erlitten schwere Brandverletzungen und kämpfen im Krankenhaus um ihr Leben. «Die Tat erschüttert unsere gesamte Stadtgesellschaft», erklärte Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper. Der Verdächtige, selbst ohne festen Wohnsitz, wurde kurz nach der Tat festgenommen. Die Ermittler gehen von versuchtem Mord aus.
Was mich bei diesem Fall besonders bewegt: Die Rettung verdanken die Opfer ausschließlich couragierten Zeugen. Zwei junge Männer griffen beherzt ein und zogen die brennenden Menschen aus dem Feuer, wie mir ein Polizeisprecher vor Ort bestätigte.
«Angriffe auf die Schwächsten unserer Gesellschaft sind durch nichts zu rechtfertigen», betont Thomas Geiger von der Stuttgarter Wohnungslosenhilfe. Seit Jahren beobachte ich eine zunehmende Gewalt gegen Menschen ohne Obdach. Allein im vergangenen Jahr registrierte die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe bundesweit 23 Tötungsdelikte an Wohnungslosen.
Die Hintergründe der Tat bleiben vorerst unklar. Der Tatverdächtige schweigt bisher zu den Vorwürfen. Die Polizei hat eine Sonderkommission eingerichtet, während sich in Bad Cannstatt Betroffenheit breitmacht. Eine spontane Mahnwache am Tatort vereinte gestern Abend über hundert Menschen. Wann hören wir auf, wegzuschauen, wenn Menschen am Rand unserer Gesellschaft leben – und sterben?