In Leipzig verfolgt das Bündnis Sahra Wagenknecht seit sechs Monaten seinen politischen Weg im Stadtrat – bislang mit überschaubaren Ergebnissen. Nach dem Achtungserfolg bei der Kommunalwahl im Juni, als die neue Partei aus dem Stand 7,5 Prozent der Stimmen holte, warten die Leipzigerinnen und Leipziger noch auf die großen Impulse der fünfköpfigen Fraktion.
«Wir haben uns erst einmal in die komplexen Themen der Stadtpolitik einarbeiten müssen», erklärt Fraktionschef Oliver Möller beim Pressegespräch in der Ratsversammlung. Tatsächlich steckt die junge Partei noch in den Kinderschuhen – viele der kommunalpolitischen Abläufe sind für die neuen Stadträte Neuland.
Die erhoffte Rolle als «Stimme des kleinen Mannes» konnte das BSW bislang kaum ausfüllen. Seit Juli brachte die Fraktion nur drei eigene Anträge ein – zum Vergleich: Die Linke kam im gleichen Zeitraum auf über 20. Besonders beim Kernthema soziale Gerechtigkeit bleibt das BSW blass. Ein Antrag zur Verbesserung der Situation von Obdachlosen in den Wintermonaten wurde zwar eingebracht, versandete aber in den Ausschüssen.
Ich beobachte seit Jahren, wie neue politische Kräfte in Kommunalparlamenten ankommen. Die Anfangsschwierigkeiten des BSW sind nicht ungewöhnlich. «Es braucht Zeit, bis man die informellen Spielregeln der Kommunalpolitik versteht», bestätigt auch der Leipziger Politikwissenschaftler Hendrik Meyer. «Das BSW ist in Leipzig bisher eher Zaungast als Gestalter.»
Dennoch gibt es Lichtblicke. Bei Bürgergesprächen im Leipziger Osten stieß die BSW-Fraktion auf unerwartet großes Interesse. «Die Menschen wollen gehört werden, besonders bei Themen wie Sicherheit und Migration», so Stadträtin Karla Weber. Auf diesem Gebiet könnte die Partei ihr Profil schärfen.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob das BSW in Leipzig den Übergang vom Protestwähler-Sammelbecken zur gestaltenden kommunalpolitischen Kraft schafft. Gelingt dies nicht, droht die Partei in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden – ein Schicksal, das schon andere politische Neulinge ereilte. Oder steckt in der scheinbaren Schwäche gar eine bewusste Strategie?