In Baden-Württemberg wächst die Kluft zwischen Bürgern und Politik. Fast jeder Zweite fühlt sich laut aktueller Forsa-Umfrage von politischen Entscheidungsträgern nicht ausreichend gehört. Die Enttäuschung ist besonders in ländlichen Gemeinden spürbar, wo 62 Prozent der Menschen angeben, dass Politiker ihre Alltagssorgen nicht verstehen.
Als ich letzte Woche durch den Schwarzwald fuhr, erzählte mir ein Bürgermeister aus einem 3000-Seelen-Ort: «Die Leute kommen nicht mehr zu Gemeinderatssitzungen. Sie glauben, es bringt nichts.» Diese Resignation begegnet mir inzwischen fast überall im Land.
Die Landesregierung hat darauf reagiert und fördert seit Januar lokale Beteiligungsprojekte mit 2,5 Millionen Euro. «Wir müssen den Menschen das Gefühl zurückgeben, dass ihre Stimme zählt», sagt Demokratieforscherin Prof. Brigitte Geißel von der Universität Stuttgart. In Freiburg zeigt ein Pilotprojekt bereits Erfolge: Beim «Bürgerrat Verkehr» erarbeiteten zufällig ausgewählte Bürger Lösungen für den Stadtverkehr – drei davon setzt der Gemeinderat jetzt um.
Die Chance auf mehr Bürgerbeteiligung besteht. Aber sie braucht echten politischen Willen und konkrete Ergebnisse. Denn nur wer erlebt, dass sein Engagement etwas bewirkt, bleibt dabei. Und genau diese aktiven Bürger braucht unsere Demokratie jetzt dringender denn je.