Gelsenkirchen steht im Zentrum eines der größten Sozialbetrugsskandale der letzten Jahre. Seit Monaten ermitteln Behörden gegen kriminelle Familienclans, die systematisch Bürgergeld erschleichen. Allein in der Ruhrgebietsstadt sollen mehrere Millionen Euro an Staatsgeldern in die falschen Hände geflossen sein. Die Masche: Gefälschte Dokumente, Scheinadressen und fingierte Identitäten.
Die Dimension des Betrugs ist erschreckend. «Wir haben es mit hochprofessionellen Strukturen zu tun», erklärt Thomas Kufen, Oberbürgermeister von Essen, der ähnliche Probleme in seiner Stadt beklagt. In Gelsenkirchen wurden bei Razzien Luxusautos und teure Uhren beschlagnahmt – bezahlt mit Geldern, die eigentlich Bedürftigen helfen sollten.
Was mich bei meinen Recherchen vor Ort besonders betroffen macht: Viele Mitarbeiter der Jobcenter haben die Ungereimtheiten durchaus bemerkt. Doch das System bietet zu wenig Kontrollmöglichkeiten. «Wir dürfen oft erst nachfragen, wenn es schon zu spät ist», berichtet mir eine Sachbearbeiterin, die anonym bleiben möchte.
Die Probleme reichen tief. Personalmangel, überbordende Bürokratie und mangelnde Vernetzung zwischen Behörden machen es Betrügern leicht. Die Stadt hat nun eine Sonderkommission eingerichtet. Bundesweit fordern Kommunen strengere Kontrollen und mehr Befugnisse.
Der Fall Gelsenkirchen zeigt, wie dringend unser Sozialsystem reformiert werden muss. Nicht nur, um Missbrauch zu verhindern, sondern auch um das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen. Denn jeder erschlichene Euro fehlt denjenigen, die wirklich auf Unterstützung angewiesen sind. Und das ist vielleicht der eigentliche Skandal.