Die Kleinstadt Klütz in Mecklenburg-Vorpommern steht im Zentrum einer Debatte um Antisemitismus und politische Verantwortung. Bürgermeister Jürgen Mevius ist am Dienstag zurückgetreten, nachdem er eine geplante Lesung des jüdischen Publizisten Michel Friedman in der örtlichen Bibliothek abgesagt hatte. Die Absage erfolgte aus Sicherheitsbedenken, nachdem es Drohungen gegeben hatte – eine Entscheidung, die bundesweit für Empörung sorgte.
«Ich hatte in dieser Situation nur die Sicherheit der Veranstaltungsteilnehmer im Blick», erklärte Mevius in seiner Rücktrittserklärung. Wie ich aus Gesprächen mit Klützer Bürgern erfahren habe, herrscht vor Ort eine gespaltene Stimmung. Während einige Verständnis für die Sicherheitsbedenken äußern, sehen andere darin ein gefährliches Einknicken vor antisemitischen Drohungen.
Der Vorfall weckt Erinnerungen an ähnliche Fälle in anderen ostdeutschen Kleinstädten, in denen öffentliche Veranstaltungen mit jüdischen Persönlichkeiten unter Druck gerieten. Landesinnenminister Christian Pegel (SPD) kritisierte die Entscheidung scharf: «Wir dürfen uns als demokratische Gesellschaft nicht einschüchtern lassen.»
Nach dem Rücktritt soll nun eine neue Veranstaltung mit Friedman unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen stattfinden. Die Staatskanzlei hat ihre Unterstützung zugesagt. In Hamburg, wo ich ähnliche Fälle beobachtet habe, zeigt sich: Wenn Kommunalpolitiker bei solchen Herausforderungen alleingelassen werden, entstehen Entscheidungen aus Überforderung.
Der Fall Klütz ist mehr als ein lokales Ereignis – er zeigt, wie fragil der gesellschaftliche Konsens gegen Antisemitismus geworden ist. Was folgt daraus für den Umgang mit Bedrohungen gegen demokratische Veranstaltungen? Die Antwort wird nicht nur in Klütz gesucht werden müssen.