Die Elbe fließt durch ein neues Kapitel in Dresdens Stadtgeschichte. Was seit Wochen für neugierige Blicke sorgt, nimmt sichtbar Gestalt an: Der Abriss der östlichen Hälfte der Carolabrücke ist in vollem Gange. An diesem Wochenende wird besonders intensiv gearbeitet, während viele Dresdner das Spektakel vom Elbufer aus verfolgen. Rund 70 Prozent des Überbaus sind bereits entfernt, wie die Stadtverwaltung mitteilt.
Wo einst eine wichtige Verkehrsader den Fluss überspannte, klaffen nun Lücken. Schwere Maschinen zerkleinern Beton und Stahl der maroden Brücke, die aus den 1970er Jahren stammt. Der Abriss begann im Januar und soll noch bis April dauern. Die Bauarbeiten laufen bisher nach Plan, trotz des wechselhaften Wetters der letzten Wochen.
«Die Carolabrücke ist mehr als nur ein Bauwerk – sie ist eine Lebensader unserer Stadt», erklärt Dresdens Baubürgermeister Stephan Kühn. Täglich nutzten etwa 30.000 Menschen die Brücke, bevor sie gesperrt wurde. Anwohner wie Marianne Schulz aus der Neustadt spüren die Auswirkungen: «Mein Arbeitsweg dauert jetzt 20 Minuten länger. Aber was sein muss, muss sein.»
Als ich vergangene Woche am Elbufer stand, beobachtete ich Familien mit Kindern, die das Schauspiel der Abrissarbeiten wie eine Art unfreiwilliges Stadtfest verfolgten. Ein kleiner Junge fragte seinen Vater aufgeregt: «Und wie kommen wir jetzt auf die andere Seite?»
Die Antwort auf diese Frage beschäftigt viele: Umleitungen über die Albertbrücke und die Marienbrücke führen zu deutlich mehr Verkehr dort. Der Neubau soll 2028 fertiggestellt sein – vier Jahre, in denen sich Dresden neu orientieren muss.
Für die Stadtplaner ist die Situation Herausforderung und Chance zugleich. «Nu gucke, das wird schon wieder», sagt ein älterer Herr neben mir am Geländer. Typisch sächsischer Optimismus, der in diesen Tagen des Umbruchs besonders wertvoll erscheint.