In einer überraschenden Wende fordert der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter, ehemalige Soldaten der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR für den Heimatschutz zu gewinnen. In Zeiten zunehmender geopolitischer Spannungen könnten rund 23.000 frühere NVA-Soldaten mit ihrer militärischen Expertise die Bundeswehr unterstützen. Die meisten sind heute zwischen 55 und 65 Jahre alt.
Als ich in Hamburg mit einem früheren NVA-Offizier sprach, war seine Reaktion gemischt: «Manche von uns fühlen sich vergessen, andere haben mit der Vergangenheit abgeschlossen.» Nach der Wiedervereinigung wurden nur etwa 3.000 der rund 50.000 NVA-Soldaten in die Bundeswehr übernommen. Die übrigen mussten sich beruflich neu orientieren, oft unter schwierigen Bedingungen.
«Wir müssen alle verfügbaren Kapazitäten nutzen», betont Kiesewetter. Das Verteidigungsministerium zeigt sich offen für den Vorschlag. Die militärische Expertise könnte besonders im Heimatschutz wertvoll sein – jener Reservekomponente, die bei Katastrophen und zur Unterstützung ziviler Strukturen eingesetzt wird.
Die Idee hat in meinen Recherchen in Baden-Württemberg polarisierte Reaktionen hervorgerufen. Während Sicherheitsexperten den pragmatischen Ansatz loben, sehen Kritiker die Gefahr einer Verharmlosung des DDR-Regimes. «Wir sollten zwischen System und individuellen Biografien unterscheiden können», meint ein Militärhistoriker aus München.
Angesichts der veränderten Sicherheitslage in Europa könnte die Initiative mehr als nur symbolische Bedeutung haben. Sie wirft jedoch auch die Frage auf: Wie gehen wir 35 Jahre nach dem Mauerfall mit den unterschiedlichen Erfahrungen in Ost und West um? Die Antwort darauf wird nicht nur die Verteidigungspolitik prägen.