Die Corona-Pandemie ist offiziell vorbei, doch in Mecklenburg-Vorpommern wurde jetzt überraschend eine «Corona-Notlage» ausgerufen. Das Landesparlament in Schwerin stimmte dieser Maßnahme am Donnerstag mit den Stimmen der rot-roten Regierungskoalition zu. Kritiker sehen darin ein durchsichtiges Manöver: Es geht um den Zugriff auf rund 400 Millionen Euro Schulden, die während der Pandemie zur Krisenbekämpfung aufgenommen wurden.
In Hamburg hätte ein solcher Schritt für erheblichen Widerstand gesorgt. Nach fast vier Jahren Corona-Maßnahmen erscheint der Notlagen-Beschluss wie ein Relikt aus einer anderen Zeit. Dabei gibt es seit Mai 2023 keine pandemische Lage mehr in Deutschland. «Diese Deklaration der Notlage ist nichts anderes als ein Trick, um an Geld zu kommen», kritisiert CDU-Fraktionschef Daniel Peters. Die Opposition wirft der Landesregierung vor, eine fiktive Krise zu nutzen, um Haushaltslöcher zu stopfen.
Tatsächlich haben Gerichte in anderen Bundesländern ähnliche Konstruktionen bereits gestoppt. Das Bundesverfassungsgericht untersagte erst kürzlich der Bundesregierung, nicht genutzte Corona-Kredite für den Klimaschutz umzuwidmen. «Mir kommt das vor wie ein Déjà-vu», sagte mir ein langjähriger Haushaltsexperte gestern am Telefon. «Corona-Notlagen 2024 zu erklären, ist etwa so glaubwürdig wie Schneeketten im Hochsommer zu kaufen.»
Die Landesregierung verteidigt sich: Es gehe um die wirtschaftlichen Nachwirkungen der Pandemie, die noch immer spürbar seien. Was genau mit den freiwerdenden Millionen passieren soll, bleibt jedoch unklar. Für die Bürger Mecklenburg-Vorpommerns könnte diese kreative Finanzpolitik langfristige Folgen haben. Wer heute Schulden aufnimmt, belastet die Haushalte von morgen – ein Problem, das wir alle zu spüren bekommen werden.