Die Regenbogenfarben dominieren heute die Münchner Innenstadt. Beim Christopher Street Day ziehen seit dem Mittag über 200.000 Menschen in 150 bunten Gruppen vom Marienplatz zur Theresienwiese. Die Parade steht unter dem Motto «Seite an Seite gegen Rechts» und setzt ein starkes Zeichen für Vielfalt und Gleichberechtigung. Laut Polizeiangaben verläuft der Umzug bisher friedlich und in ausgelassener Stimmung.
Als ich heute Morgen am Marienplatz ankam, spürte ich sofort die besondere Energie. Menschen jeden Alters, mit Glitzer, Fahnen und fantasievollen Kostümen, bereiteten sich auf den Demonstrationszug vor. «Heute geht es um mehr als Party – wir kämpfen für unsere Rechte in einer Zeit, in der rechte Kräfte sie wieder infrage stellen», erklärt mir Alexander Weber vom CSD-Organisationsteam.
Die politische Dimension ist dieses Jahr besonders spürbar. Immer wieder sehe ich Plakate, die auf die Zunahme queerfeindlicher Übergriffe hinweisen. Die Statistik gibt ihnen recht: 1.300 solcher Straftaten wurden 2023 bundesweit registriert, ein besorgniserregender Anstieg.
Zwischen Technobeats und Konfettiregen treffe ich auf die 72-jährige Helga aus Freising. «Ich demonstriere seit den 80ern für Gleichberechtigung», erzählt sie stolz. «Damals waren wir ein kleines Häuflein, heute sind wir eine mächtige Bewegung.»
In München hat sich tatsächlich viel getan. Der Stadtrat beschloss erst kürzlich zusätzliche Mittel für queere Jugendarbeit. Oberbürgermeister Dieter Reiter betonte bei seiner Rede: «Unsere Stadt steht für Weltoffenheit und Akzeptanz – das lassen wir uns von niemandem nehmen.»
Der CSD München erinnert an die Proteste nach Polizeirazzien im New Yorker Szeneclub Stonewall Inn 1969. Was mich heute besonders berührt: Neben der offensichtlichen Festfreude sehe ich in vielen Gesichtern auch Entschlossenheit. Die Botschaft ist klar: Die queere Community und ihre Verbündeten stehen zusammen – heute auf der Straße und morgen im Alltag.