In München hat gestern der Christopher Street Day mit über 200.000 Menschen die Innenstadt in ein buntes Meer verwandelt. Bei strahlendem Sonnenschein zogen 176 Gruppen vom Mariahilfplatz durch die Altstadt zum Marienplatz – mehr Teilnehmende als je zuvor. Das diesjährige Motto: «Gemeinsam sind wir stark! Für eine vielfältige Gesellschaft.»
Die Parade war nicht nur Feier, sondern auch ein starkes politisches Signal. Während deutsche Regenbogenflaggen und fantasievolle Kostüme für Farbtupfer sorgten, standen Forderungen nach einem verbesserten Selbstbestimmungsgesetz im Vordergrund. «Wir haben Fortschritte erzielt, aber es gibt noch viel zu tun«, erklärte Vera Schmidt vom CSD-Organisationsteam während der Abschlusskundgebung. Besonders die aktuellen Angriffe auf queere Menschen in Bayern beunruhigen die Community.
In meinen fast zwei Jahrzehnten als Reporterin habe ich selten eine solche Mischung aus Festfreude und politischem Ernst erlebt. Ein junger Teilnehmer aus Freising brachte es auf den Punkt: «Für mich ist der CSD der Tag, an dem ich komplett ich selbst sein kann.» Oberbürgermeister Dieter Reiter bekräftigte in seiner Rede die Unterstützung der Stadt: «München steht für Vielfalt und Toleranz – heute und jeden Tag.«
Die Polizei meldete trotz der großen Menschenmenge keine nennenswerten Zwischenfälle. Die Feierlichkeiten dauern noch bis zum kommenden Sonntag an, mit zahlreichen Kulturveranstaltungen rund um den Marienplatz. In Zeiten zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung bleibt die Frage: Wie schaffen wir es, den Geist dieser Parade in unseren Alltag zu tragen?