Der erste Christopher Street Day in Sonneberg sorgt für klare Positionierungen. Etwa 1.500 Menschen versammelten sich am Samstag in der thüringischen Kleinstadt, um für Vielfalt und Toleranz zu demonstrieren. Die Stimmung war überwiegend friedlich, doch die politische Polarisierung unübersehbar.
Als ich die Marktstraße entlanglief, fiel mir besonders das bunte Treiben auf – Regenbogenfahnen, glitzernde Kostüme und viele junge Menschen, die von weither angereist waren. «Wir sind hier, weil es wichtig ist, gerade in einer Stadt mit einem AfD-Landrat ein Zeichen zu setzen», erklärte mir Lisa Hoffmann, eine der Organisatorinnen.
Der Sonneberger Landrat Robert Sesselmann (AfD) hatte im Vorfeld für Aufsehen gesorgt, als er die Genehmigung für die Veranstaltung an strenge Auflagen knüpfte. Die Veranstalter hatten nach eigenen Angaben mit ungewöhnlichen bürokratischen Hürden zu kämpfen. «In anderen Städten läuft das reibungsloser», so Hoffmann.
Am Rande der Veranstaltung kam es zu Gegenprotesten mit etwa 200 Teilnehmenden. Ein Transparent mit der Aufschrift «Familie statt Gender-Ideologie» wurde von einer kleinen Gruppe konservativer Demonstranten hochgehalten. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort, musste aber kaum eingreifen.
Besonders berührend waren die Gespräche mit Einheimischen. «Ich bin über 60 und hätte nie gedacht, so etwas mal in meiner Heimatstadt zu erleben», sagte mir Renate Weber, die mit ihrer Enkelin gekommen war. «Es ist gut, dass auch bei uns endlich über diese Themen gesprochen wird.»
Die Veranstaltung zeigt, wie tief die gesellschaftlichen Gräben in der Region verlaufen. Während manche den CSD als «Provokation» empfinden, sehen andere darin einen längst überfälligen Schritt. In einer Stadt, in der politische Extreme sichtbarer werden, könnte dieser bunte Tag vielleicht einen Anstoß zum Dialog geben – wenn beide Seiten bereit sind, einander zuzuhören.