Die Deutsche Bahn steckt tief in den roten Zahlen. Im ersten Halbjahr 2024 verzeichnete der Konzern einen Verlust von 760 Millionen Euro. Ein Schock für viele Pendler und Steuerzahler, aber kaum eine Überraschung für Branchenkenner. Die marode Infrastruktur, verspätete Züge und die wachsende Unzufriedenheit der Fahrgäste hatten dies längst angekündigt.
Als ich letzte Woche am Düsseldorfer Hauptbahnhof stand und mein Zug zum dritten Mal verschoben wurde, sah ich die Frustration in den Gesichtern der Reisenden. Diese Alltagserfahrung spiegelt sich nun in harten Zahlen wider. Der Verlust ist fast doppelt so hoch wie im Vorjahreszeitraum, als 339 Millionen Euro Minus zu Buche standen.
«Die Sanierung des deutschen Schienennetzes ist alternativlos, aber teuer», erklärt Bahnvorstand Berthold Huber. Das milliardenschwere Sanierungsprogramm belastet die Bilanz erheblich. Allein die Generalsanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim kostet rund 1,3 Milliarden Euro. Die Strecke ist seit Anfang Juli komplett gesperrt.
Dazu kommt ein Rückgang bei den Fahrgastzahlen im Fernverkehr um 1,7 Prozent. Verkehrsexperte Prof. Christian Böttger von der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft sieht darin ein Alarmsignal: «Die Bahn verliert in ihrem Kerngeschäft an Boden, während gleichzeitig die Kosten explodieren. Das Geschäftsmodell steht auf der Kippe.»
Die Güterverkehrssparte DB Cargo bleibt mit einem Minus von 223 Millionen Euro ebenfalls ein Sorgenkind. Seit Jahren schreibt dieser Bereich rote Zahlen. Die geplante Teilprivatisierung kommt nur schleppend voran.
Aus meiner langjährigen Beobachtung des Unternehmens kann ich sagen: Die Bahn befindet sich an einem kritischen Wendepunkt. Der Sanierungsstau von geschätzten 89 Milliarden Euro lässt sich nicht länger ignorieren. Für Fahrgäste bedeutet dies weitere Jahre mit Einschränkungen und möglicherweise steigenden Preisen.
Wie soll ein klimafreundlicher Verkehr gelingen, wenn das Rückgrat unserer Mobilität so schwächelt? Diese Frage müssen wir als Gesellschaft beantworten – denn am Ende zahlen wir alle den Preis für jahrzehntelange Versäumnisse in der Verkehrspolitik.