Die Schallmauer ist durchbrochen: Zum ersten Mal seit 2015 melden die Arbeitsagenturen wieder über drei Millionen Arbeitslose in Deutschland. Hinter der symbolträchtigen Zahl verbergen sich 3,02 Millionen Menschen ohne Arbeit – ein Anstieg von etwa 185.000 im Vergleich zum Vorjahresmonat. Die Quote kletterte damit auf 6,5 Prozent, wie die Bundesagentur für Arbeit heute mitteilte.
In Hamburg, wo ich gestern mit Betroffenen sprach, macht sich Verunsicherung breit. «Ich bewerbe mich seit Monaten, aber komme nicht einmal zu Vorstellungsgesprächen», erzählte mir die 48-jährige Bürokauffrau Sabine Meyer. Ihr Schicksal teilt sie mit vielen. Besonders die deutsche Industrie baut massiv Stellen ab – allein in den letzten sechs Monaten gingen 74.000 Industriearbeitsplätze verloren.
Experten sehen mehrere Ursachen für den Anstieg. «Wir erleben eine Strukturkrise, verstärkt durch die schleppende Digitalisierung und den demografischen Wandel», erklärt Arbeitsmarktforscher Prof. Dr. Martin Kleinhenz vom IAB. Gleichzeitig bleiben über 700.000 Stellen unbesetzt. Ein Paradox, das Wirtschaftsminister Robert Fischer als «größte Herausforderung» bezeichnet.
In Baden-Württemberg, einst wirtschaftliches Powerhouse, liegt die Quote mittlerweile bei 5,7 Prozent – für die Region ein alarmierender Wert. Als ich vor 15 Jahren aus der Region berichtete, galt Vollbeschäftigung noch als greifbares Ziel.
Die Bundesregierung kündigte ein Reformpaket an, das Qualifizierungsmaßnahmen und Anreize für Unternehmen umfassen soll. Doch reicht das? Was Deutschland jetzt braucht, ist mehr als nur Krisenmanagement – sondern eine echte Vision für die Arbeitswelt von morgen.