Digitale Ersteinschätzung: Der neue Weg zum schnelleren Arzttermin
Das Wartezimmer beim Arzt gleicht oft einem Geduldsspiel. Manchmal warten Patienten wochenlang auf einen Termin, nur um dann festzustellen, dass ihr Anliegen auch anders hätte gelöst werden können. Eine neue digitale Lösung soll nun Abhilfe schaffen: Die gesetzlichen Krankenversicherungen planen ein System zur digitalen Ersteinschätzung, das Patienten schneller zum passenden Arzt oder zur richtigen Versorgungsebene leiten soll.
Wer kennt das nicht? Man fühlt sich krank, bekommt aber keinen zeitnahen Termin beim Hausarzt. Das Telefon der Praxis ist ständig besetzt, und selbst die Terminservicestelle kann oft nicht kurzfristig helfen. Dieses Problem verschärft sich seit Jahren. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind etwa 30 Prozent der Arztbesuche medizinisch nicht dringend notwendig. Diese belasten das System und blockieren Termine für wirklich Bedürftige.
Die geplante digitale Ersteinschätzung funktioniert denkbar einfach: Vor dem Arztbesuch beantwortet der Patient einige Fragen zu seinen Symptomen über eine App oder Webseite. Ein Algorithmus, der auf medizinischen Leitlinien basiert, schlägt dann vor, ob ein Arztbesuch nötig ist, ob es ein Notfall sein könnte oder ob vielleicht Selbsthilfe ausreicht. Bei Bedarf wird gleich der passende Termin vermittelt.
«Unser Ziel ist nicht, Arztbesuche zu vermeiden, sondern Patienten zur richtigen Zeit an die richtige Stelle zu bringen», erklärt Dr. Franziska Merkel vom GKV-Spitzenverband. «Mit der digitalen Ersteinschätzung könnten wir die Wartezeiten für alle verkürzen.»
Allerdings gibt es auch kritische Stimmen. Der Hausärzteverband warnt vor einer «Schein-Digitalisierung» und betont, dass kein Algorithmus den persönlichen Kontakt ersetzen kann. «Manchmal kommen Patienten mit Kopfschmerzen, aber eigentlich steckt eine Depression dahinter», gibt Dr. Thomas Weber zu bedenken.
Die Technologie steht bereits in den Startlöchern – erste Pilotprojekte zeigen vielversprechende Ergebnisse. In Schweden hat ein ähnliches System die Wartezeiten um fast 30 Prozent reduziert. Ob die digitale Ersteinschätzung in Deutschland ähnliche Erfolge erzielen wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist: Wir brauchen neue Wege, um unser Gesundheitssystem zukunftsfähig zu machen. Die digitale Unterstützung könnte ein wichtiger Baustein sein – wenn sie klug eingesetzt wird und den Menschen dient, statt zusätzliche Hürden aufzubauen.