Der Alltag vieler Menschen in Deutschland ist geprägt von Diskriminierungserfahrungen – auch durch die Polizei. Eine aktuelle Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes belegt erstmals wissenschaftlich, was viele Betroffene seit Jahren berichten: Diskriminierung durch Polizeibeamte ist für bestimmte Bevölkerungsgruppen keine Seltenheit. Über 2.500 Menschen wurden befragt, rund 50 Prozent der Befragten mit Migrationsgeschichte gaben an, bereits Diskriminierung durch die Polizei erlebt zu haben.
Die Betroffenen berichten vor allem von Racial Profiling – also Kontrollen, die offenbar allein aufgrund äußerer Merkmale wie Hautfarbe durchgeführt wurden. «Diese Studie ist ein Weckruf», sagt Ferda Ataman, Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung. «Es geht nicht darum, die Polizei unter Generalverdacht zu stellen, sondern strukturelle Probleme zu erkennen und zu lösen.»
Bemerkenswert ist die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung: Während 90 Prozent der befragten Polizeibeamten angaben, alle Menschen gleich zu behandeln, zeigen die Erfahrungsberichte der Betroffenen ein anderes Bild. In meinen Gesprächen mit Betroffenen in Hamburg höre ich immer wieder von jungen Männern mit Migrationshintergrund, dass sie das Gefühl haben, unter besonderer Beobachtung zu stehen.
Die Studie zeigt auch regionale Unterschiede. In Großstädten wie München oder Stuttgart berichten mehr Menschen von diskriminierenden Erfahrungen als in ländlichen Regionen. Polizeigewerkschaften reagieren zurückhaltend auf die Ergebnisse. «Wir nehmen die Studie ernst, vermissen aber konkrete Handlungsempfehlungen», erklärt ein Sprecher der Gewerkschaft der Polizei.
Die Erkenntnisse könnten nun zu einem Wendepunkt in der deutschen Polizeiarbeit werden. Expertin Ataman fordert mehr Diversität in den Behörden und verbindliche Antidiskriminierungsschulungen. Die zentrale Frage bleibt: Wie kann Sicherheit für alle gewährleistet werden, ohne dass bestimmte Gruppen systematisch benachteiligt werden? Die Antwort darauf wird nicht nur die Polizei, sondern unsere gesamte Gesellschaft finden müssen.