Die Debatte um Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und seine Forderung nach einer grundlegenden Reform der Erbschaftsteuer erhitzt die Gemüter in Berlin. Söder fordert nichts weniger als eine «komplette Neujustierung» des Steuersystems für Erbschaften in Deutschland. Nach dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Immobilienbewertung steht das Thema plötzlich ganz oben auf der politischen Agenda.
Der CSU-Chef kritisiert vor allem die stark gestiegenen Bewertungen von Immobilien, die zu erhöhten Steuerbelastungen führen. «Familien können sich das Elternhaus oft nicht mehr leisten, wenn sie es erben», erklärte Söder gestern bei einem Pressegespräch in München. Die derzeitige Regelung benachteilige besonders den Mittelstand und Menschen mit normalen Einkommen.
Experten sehen Söders Vorstoß durchaus kritisch. Prof. Dr. Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung meint: «Eine komplette Abschaffung würde vor allem den ohnehin Vermögenden zugutekommen und die Vermögensungleichheit verstärken.»
Während meiner Recherchen in Baden-Württemberg vergangene Woche traf ich Familien, die genau vor diesem Problem stehen. «Wir müssten einen Kredit aufnehmen, nur um das Haus zu behalten, das meine Eltern ihr Leben lang abbezahlt haben», sagte mir eine Frau aus Stuttgart sichtlich bewegt.
Die Bundesregierung zeigt sich bislang zurückhaltend. Finanzminister Christian Lindner (FDP) signalisierte zwar Gesprächsbereitschaft, betonte aber die Bedeutung der Steuereinnahmen für die Länder. Die Erbschaftsteuer bringt dem Staat jährlich rund 11 Milliarden Euro ein.
Die Frage, wie wir künftig mit vererbtem Vermögen umgehen, wird uns als Gesellschaft noch lange beschäftigen. Geht es nach Söder, könnte die Reform schon im Herbst kommen. Doch was bedeutet das für den sozialen Zusammenhalt in einem Land, in dem Vermögen ohnehin ungleich verteilt ist? Diese Frage bleibt vorerst unbeantwortet.