Auf den Feldern von Familie Scheidt in Essen-Fulerum wachsen seit gestern keine Erdbeeren mehr. Nach 77 Jahren hat der Familienbetrieb seine Pforten geschlossen. «Es war keine leichte Entscheidung, aber die richtige«, sagt Landwirt Markus Scheidt, während er über das leere Feld blickt, auf dem Generationen von Essenern ihre Beeren gepflückt haben.
Die Gründe für das Ende der Tradition sind vielfältig. «Die Kosten explodieren, während die Preise kaum steigen können», erklärt Scheidt. In den letzten Jahren kämpfte der Betrieb mit extremen Wetterbedingungen – von Dürren bis zu Starkregen. Dazu kamen steigende Lohnkosten und die schwierige Suche nach Erntehelfern.
Für viele Essener bedeutet die Schließung einen schmerzlichen Verlust. «Ich komme seit meiner Kindheit hierher, jetzt wollte ich mit meinen Enkeln Erdbeeren pflücken», erzählt Anwohnerin Monika Berger (67). Laut einer Umfrage des Landwirtschaftsverbands NRW haben in den letzten fünf Jahren über 30 Prozent der regionalen Beerenanbaubetriebe aufgegeben.
Scheidt setzt nun auf Alternativen: «Wir konzentrieren uns künftig auf unseren Hofladen mit Gemüse und Kartoffeln.» Als ich vor zwanzig Jahren zum ersten Mal über die Erdbeerernte in Fulerum berichtete, standen die Menschen noch Schlange. Die Zeiten haben sich geändert.
Besonders der Klimawandel macht den Landwirten zu schaffen. «Früher konnten wir die Jahreszeiten planen, heute ist jedes Jahr ein Glücksspiel», sagt Agrarexperte Dr. Joachim Winkler von der Universität Duisburg-Essen. Gleichzeitig wächst der Preisdruck durch Importe.
Wie es mit der Fläche weitergeht? «Vorerst bleibt es Ackerland», versichert Scheidt. Die roten Schilder mit der Aufschrift «Erdbeeren selbst pflücken» werden jedoch im Schuppen bleiben – ein Stück Essener Geschichte, das nicht wiederkehrt. Was bleibt, sind Erinnerungen und die Frage, wie regional unsere Lebensmittel künftig noch sein werden.