Die Hoffnung vieler Missbrauchsopfer auf finanzielle Entschädigung durch die katholische Kirche hat einen herben Rückschlag erlitten. Das Oberlandesgericht Köln wies heute die Klage eines 62-jährigen Mannes gegen das Erzbistum Köln ab. Der Kläger hatte 800.000 Euro Schmerzensgeld gefordert, weil er als Kind in den 1970er Jahren von einem Priester missbraucht worden war. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Priester nicht im direkten Auftrag des Bistums gehandelt habe.
«Die Kirche versteckt sich hinter rechtlichen Konstrukten», kommentiert Matthias Katsch, Sprecher der Betroffeneninitiative «Eckiger Tisch«. Seit ich vor knapp 15 Jahren begann, über Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen zu berichten, höre ich immer wieder die gleichen Verteidigungslinien: Die Täter hätten eigenverantwortlich gehandelt, die Institution trage keine Schuld.
Die Entscheidung stellt Betroffene vor ein grundsätzliches Problem. Anders als im Fall organisatorischer Mängel, etwa bei mangelhafter Aufsicht, sieht das Gericht keine Haftungsgrundlage für die sexuellen Übergriffe selbst. «Die Entscheidung ist für mich niederschmetternd», sagte der Kläger nach dem Urteil. «Es geht nicht nur ums Geld, sondern um die Anerkennung des erlittenen Unrechts.»
Die katholische Kirche hat zwar ein eigenes Entschädigungssystem eingerichtet, doch die Zahlungen liegen meist zwischen 5.000 und 50.000 Euro – weit unter den Summen, die manche Betroffene vor Gericht erstreiten wollen. In Gesprächen mit Betroffenen in meiner Heimatstadt Hamburg spüre ich oft ihre tiefe Enttäuschung über dieses System.
Das Urteil könnte wegweisend für ähnliche Klagen sein. Es bleibt die Frage: Wie viel ist den Institutionen die Aufarbeitung ihrer Vergangenheit wirklich wert, wenn sie sich auf juristische Feinheiten zurückziehen können? Die Revision wurde zugelassen – der Fall könnte bis vor den Bundesgerichtshof gehen. Für viele Betroffene ist der Rechtsweg damit noch nicht zu Ende.