Die Essener Innenstadt wurde am Sonntag (31. März) Schauplatz eines umstrittenen Autokorsos. Etwa 100 Fahrzeuge mit syrischen Flaggen zogen vom Hauptbahnhof durch die City. Die Demonstration sollte laut Anmeldung die «Unterstützung der syrischen Regierung» zeigen. Auffällig viele Teilnehmer schwenkten Bilder des syrischen Machthabers Baschar al-Assad.
Während die Demonstration friedlich verlief, sorgte sie bei vielen Passanten für Kopfschütteln. «Ich verstehe nicht, wie man für ein Regime demonstrieren kann, das Hunderttausende getötet hat», sagte eine Essenerin, die selbst syrische Wurzeln hat. Die Polizei Essen bestätigte auf Nachfrage, dass der Korso ordnungsgemäß angemeldet war und es keine Zwischenfälle gab.
Assad steht international wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen in der Kritik. Seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs 2011 werden ihm und seinem Regime Kriegsverbrechen vorgeworfen, darunter der Einsatz von Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung. Nach UN-Angaben starben im syrischen Konflikt bisher über 500.000 Menschen.
In meiner fast zwanzigjährigen Karriere habe ich selten eine solche Spaltung innerhalb einer Community gesehen wie bei den Syrern in Deutschland. Während viele vor dem Assad-Regime geflohen sind, gibt es auch eine beachtliche Gruppe von Unterstützern. Ein syrischer Politologe, der anonym bleiben möchte, erklärte mir: «Für manche repräsentiert Assad Stabilität in einem zerrütteten Land, für andere bleibt er ein Kriegsverbrecher.»
Die Demonstration zeigt einmal mehr, wie stark der Syrienkonflikt auch in Deutschland nachwirkt. Und sie wirft die Frage auf: Wie gehen wir mit öffentlicher Unterstützung für autoritäre Regime um, die im Namen der Meinungsfreiheit stattfindet?