Erstmals seit vier Jahren haben wieder zehntausende Radfahrer Berlin erobert. Bei sommerlichen Temperaturen strömten heute etwa 30.000 Menschen auf zwei Rädern aus allen Himmelsrichtungen zur großen Fahrradsternfahrt in die Hauptstadt. Die größte Fahrrad-Demonstration Deutschlands fordert mehr Sicherheit und bessere Infrastruktur – ein Anliegen, das nach mehreren tödlichen Unfällen in den vergangenen Monaten besonders dringlich erscheint.
«Wir sind heute hier, weil wir endlich sichere Radwege brauchen und nicht nur weiße Streifen auf der Straße», ruft Susanne Grothklags vom ADFC Berlin in ihr Megafon. Die bunte Menge applaudiert. Auf selbstgemalten Schildern steht «Platz für alle» oder «Kinder haben ein Recht auf sichere Wege». Die Stimmung ist trotz des ernsten Anliegens ausgelassen.
Die Teilnehmer kamen auf 19 verschiedenen Routen nach Berlin. Sogar aus Brandenburg waren Radgruppen unterwegs. Für einige Stunden gehörten selbst die Stadtautobahn und der Tunnel am Tiergarten den Radfahrern – ein symbolträchtiger Moment, den viele mit Handyfotos festhielten.
Seit meiner ersten Berichterstattung über die Sternfahrt vor 15 Jahren hat sich die Stimmung verändert. Damals war es ein Nischenthema, heute ist Fahrradmobilität in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Familien mit Kindern, Senioren auf E-Bikes und sportliche Pendler – alle sind heute dabei.
Verkehrssenatorin Ute Bonde kündigte an: «Wir werden in diesem Jahr 30 Kilometer neue Radwege bauen und 15 gefährliche Kreuzungen entschärfen.» Kritiker halten das für zu wenig. Der Konflikt um den begrenzten Straßenraum bleibt – doch heute zeigen tausende Radfahrer: Sie wollen bei der Verkehrswende nicht mehr übersehen werden.