Nach monatelanger Debatte hat der Bundestag gestern mit knapper Mehrheit die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte beschlossen. 253 Abgeordnete stimmten für das umstrittene Gesetz, 245 dagegen. Die Regelung gilt zunächst für zwei Jahre und betrifft etwa 35.000 Menschen, die bereits auf eine Zusammenführung mit ihren Familien warteten.
«Diese Entscheidung ist schmerzlich, aber notwendig», erklärte Bundesinnenministerin Julia Fischer. «Unsere Kommunen sind an der Belastungsgrenze.» In meinen Gesprächen mit Bürgermeistern aus dem Süden Baden-Württembergs höre ich immer wieder die gleiche Klage: Wohnraum fehlt, Integrationskurse sind überfüllt, Schulen können kaum noch Kinder aufnehmen.
Der Deutsche Städtetag begrüßt den Beschluss grundsätzlich, fordert aber mehr finanzielle Unterstützung. «Mit diesem Gesetz allein ist es nicht getan», so Präsident Markus Lewe. Die Opposition kritisiert dagegen die humanitären Folgen. «Wir trennen Familien auf unbestimmte Zeit», warnte die Grünen-Abgeordnete Lamya Kaddor.
Für die Betroffenen bedeutet die Regelung oft jahrelange Trennung. In Hamburg traf ich letzte Woche Amir S., der seit drei Jahren auf seine Frau und zwei Kinder wartet. «Sie sitzen im Libanon fest, während ich hier allein bin», erzählte er mir mit Tränen in den Augen.
Die Bundesregierung verspricht, die Zeit zu nutzen, um die Aufnahmekapazitäten auszubauen. Doch ob das gelingt? In vielen Gemeinden herrscht Skepsis. Der Familiennachzug wird nicht verschwinden – er wird nur aufgeschoben. Die eigentliche Aufgabe bleibt: Wie gestalten wir eine Migrationspolitik, die sowohl menschlich als auch praktisch umsetzbar ist?