In Stuttgart wächst die Verzweiflung unter geflüchteten Familien. Seit die Bundesregierung den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte ausgesetzt hat, sind hunderte Familien in der Region betroffen. «Meine Kinder warten seit drei Jahren in der Türkei, jetzt sagen sie mir, dass sie noch länger warten müssen», erzählt Mahmoud A., der aus Syrien geflohen ist und in Stuttgart-Ost lebt.
Die Neuregelung, die seit März gilt, trifft besonders hart: Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus dürfen ihre Angehörigen vorerst nicht nachholen. Im Stuttgarter Migrationsamt stapeln sich bereits zurückgestellte Anträge. Eine Mitarbeiterin, die anonym bleiben möchte, berichtet: «Wir müssen täglich Menschen erklären, dass ihre Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Ehepartnern und Kindern auf unbestimmte Zeit verschoben ist.»
Laut Diakonie Baden-Württemberg sind allein im Großraum Stuttgart etwa 500 Familien direkt betroffen. Die psychischen Folgen sind erheblich. «Die Ungewissheit macht krank«, sagt Dr. Marianne Weber vom Psychosozialen Zentrum für Flüchtlinge. «Viele unserer Klienten leiden unter Depressionen und Schlafstörungen, weil sie ihre Kinder in Krisengebieten wissen.»
Ich erinnere mich an ähnliche Szenen 2016, als ich aus den Erstaufnahmeeinrichtungen in Karlsruhe berichtete. Auch damals zerbrachen viele an der Trennung. Was mich betroffen macht: Die betroffenen Kinder zahlen den höchsten Preis.
Die Stadt Stuttgart hat nun eine Beratungsstelle eingerichtet, um Betroffene zu unterstützen. Doch echte Hilfe wäre nur eine politische Kehrtwende. Während Politiker mit Zahlen und Statistiken argumentieren, geht es hier um Menschlichkeit. Die Frage bleibt: Wie lange können wir Familien trennen, ohne unsere humanitären Grundsätze zu verraten?