In Hamburg fehlt es weiterhin an Schutzplätzen für von häuslicher Gewalt bedrohte Frauen und Kinder. Aktuell müssen täglich bis zu 25 Frauen abgewiesen werden, die dringend Zuflucht suchen. Mit nur 231 Plätzen in sechs Frauenhäusern erfüllt die Hansestadt nicht einmal die Hälfte des von der Istanbul-Konvention geforderten Bedarfs. Diese europäische Vereinbarung sieht mindestens einen Familienplatz pro 10.000 Einwohner vor.
«Die Situation ist dramatisch«, sagt Claudia Breitenbach, Leiterin eines Hamburger Frauenhauses, im Gespräch. «Frauen, die vor Gewalt fliehen, landen oft bei Freundinnen auf der Couch oder kehren aus Mangel an Alternativen zu ihren gewalttätigen Partnern zurück.» Besonders alarmierend: Die Zahl der Hilfesuchenden steigt kontinuierlich. Im vergangenen Jahr registrierte die Polizei über 5.400 Fälle häuslicher Gewalt in Hamburg – ein trauriger Rekord.
Bei meinen Recherchen in den Einrichtungen wurde deutlich: Das Problem ist nicht neu. Bereits seit Jahren kämpfen die Frauenhäuser mit Überbelegung und Platzmangel. «Wir arbeiten am Limit«, bestätigt eine Mitarbeiterin, die anonym bleiben möchte. Der Senat hat zwar kürzlich 30 zusätzliche Plätze bewilligt, die bis 2025 geschaffen werden sollen. Kritiker bezeichnen dies jedoch als «Tropfen auf den heißen Stein».
Die Folgen spüre ich während meiner Besuche in den Beratungsstellen unmittelbar. Frauen mit mehreren Kindern oder besonderen Bedürfnissen haben es besonders schwer, einen Platz zu finden. Die Hamburger Initiative «Gewaltfrei leben» fordert daher ein sofortiges Handeln der Politik und mindestens 200 zusätzliche Plätze.
Die Situation in Hamburg steht stellvertretend für ein bundesweites Problem. Während Politiker Lippenbekenntnisse ablegen, bleibt die Realität für betroffene Frauen bedrohlich. Wann werden die notwendigen Schutzräume endlich zur Verfügung stehen? Der Preis des Wartens wird in zerstörten Leben gemessen.