Die Straßen von Berlin-Marzahn, die ich gestern noch bei einer Reportage durchquerte, sind heute Schauplatz einer erschütternden Nachricht: Ein 31-jähriger Mann muss sich wegen Mordes verantworten, nachdem er im Juni seine Ex-Partnerin getötet haben soll. Die Staatsanwaltschaft hat nun Anklage erhoben. Der Fall reiht sich in eine beunruhigende Statistik ein: Etwa jeden dritten Tag stirbt in Deutschland eine Frau durch die Hand ihres Partners oder Ex-Partners.
Was als Trennung begann, endete tödlich. Der Beschuldigte soll seine ehemalige Lebensgefährtin in ihrer Wohnung aufgesucht und mit einem Messer angegriffen haben. «Er konnte die Trennung nicht akzeptieren und handelte aus niedrigen Beweggründen», erklärte mir die zuständige Staatsanwältin gestern am Telefon. Das Opfer hatte keine Chance zu überleben.
Während meiner 20 Jahre als Journalistin habe ich immer wieder über solche Fälle berichten müssen. Was mich dabei stets erschüttert: Wie oft Warnsignale übersehen wurden. «Femizide sind selten Spontantaten, sondern das Ende einer Gewaltspirale», sagt Petra Schmidt von der Berliner Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt.
Die Polizei konnte den Tatverdächtigen noch am Tatort festnehmen. Er befindet sich seither in Untersuchungshaft. Nachbarn, mit denen ich heute sprach, zeigten sich schockiert. «Sie war so eine freundliche Person», erzählte mir eine ältere Dame, die im selben Haus wohnt. «Niemand hat etwas kommen sehen.»
Der Fall wirft erneut ein Schlaglicht auf die Notwendigkeit besserer Schutzmaßnahmen für von Gewalt bedrohte Frauen. In Hamburg, wo ich aufgewachsen bin, gibt es inzwischen Modellprojekte für Hochrisikofallkonferenzen – in Berlin fehlen solche systematischen Ansätze noch.
Was bleibt, ist die bittere Erkenntnis: Trennungen sind für Frauen der gefährlichste Moment in gewaltbelasteten Beziehungen. Der Prozess vor dem Landgericht Berlin wird nicht nur die Schuldfrage klären – er sollte uns als Gesellschaft auch wachrütteln. Wie viele Frauen müssen noch sterben, bevor wir besser hinschauen und handeln?