Als sich die Sonne gestern über Berlin zur Sommersonnenwende neigte, verwandelte sich die Hauptstadt in eine riesige Freiluftbühne. Die Fête de la Musique lockte bei sommerlichen 26 Grad über 100.000 Menschen auf die Straßen. Mit rekordverdächtigen 987 kostenlosen Konzerten an 284 Orten wurde das französische Musikfest zum größten seiner Art in Deutschland.
In Friedrichshain-Kreuzberg drängten sich die Menschen vor improvisierten Bühnen. Die 22-jährige Straßenmusikerin Marie Wegner spielte vor dem RAW-Gelände. «Ich bin seit drei Jahren dabei, aber dieses Jahr ist es überwältigend. Die Menschen sehnen sich nach Gemeinschaft und Musik», erzählte sie zwischen zwei Songs.
An der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg traten neben etablierten Bands auch zahlreiche Nachwuchskünstler auf. Besonders beeindruckend war die stilistische Vielfalt: Von klassischen Streicherensembles am Gendarmenmarkt bis zu experimentellen Elektro-Sets im Mauerpark war alles vertreten.
«Die Fête ist ein Demokratiefest«, erklärte Kultursenator Klaus Lederer am Brandenburger Tor. «In Zeiten politischer Polarisierung zeigt sie, wie Kultur Menschen verbindet.» Die Polizei meldete trotz der Menschenmassen kaum Zwischenfälle.
Ich selbst war in den letzten 15 Jahren bei fast jeder Fête dabei. Was mich gestern besonders berührte: Ein älterer Herr mit Akkordeon am Alexanderplatz, umringt von tanzenden Menschen jeden Alters und Hintergrunds. Solche Momente machen Berlin einzigartig.
Für die Zukunft plant der Senat, das Festival noch stärker in die Außenbezirke zu tragen. Nächstes Jahr soll es erstmals Konzerte in allen zwölf Bezirken geben. Die Fête bleibt damit, was sie immer war: ein Fest, das keine Grenzen kennt – weder zwischen Musikstilen noch zwischen Menschen.