Die Insolvenzwelle in Berlin rollt weiter. Im laufenden Jahr werden rund 1.900 Firmenpleiten erwartet, ein Plus von etwa fünf Prozent gegenüber 2023. Das geht aus der aktuellen Analyse der Wirtschaftsauskunftei Creditreform hervor. Besonders betroffen sind kleine Unternehmen und Selbstständige, die nach der Corona-Phase nun mit steigenden Kosten und sinkender Nachfrage kämpfen.
«Wir sehen eine besorgniserregende Entwicklung«, erklärt Michael Bretz, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform. «Die Kombination aus Energiekrise, Inflation und Fachkräftemangel überfordert viele Betriebe.» Besonders im Einzelhandel und in der Gastronomie häufen sich die Fälle. Allein in meinem alten Kiez in Kreuzberg haben seit Jahresbeginn sechs Restaurants ihre Türen für immer geschlossen.
Die Hauptstadtwirtschaft zeigt sich dabei anfälliger als andere Regionen. Mit 79 Insolvenzen pro 10.000 Unternehmen liegt Berlin deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 60. Experten führen dies auf die kleinteilige Wirtschaftsstruktur zurück. «In Berlin haben wir einen hohen Anteil an Soloselbstständigen und Kreativwirtschaft, die besonders unter Krisen leiden», so Dr. Anna Schmidt von der IHK Berlin.
Auffällig ist zudem die steigende Zahl jüngerer Unternehmen, die aufgeben müssen. Viele Start-ups, die während der Pandemie gegründet wurden, finden in der veränderten Wirtschaftslage keine tragfähigen Geschäftsmodelle mehr.
Für die kommenden Monate rechnen Wirtschaftsexperten mit einer Fortsetzung des Trends. Die schwache Konjunktur und das zurückhaltende Konsumverhalten der Berliner belasten viele Betriebe. Eine Trendwende ist erst für Ende 2025 in Sicht – wenn die Wirtschaft wieder anzieht und die Menschen mehr Geld ausgeben. Bis dahin heißt es für viele Unternehmer: durchhalten oder aufgeben.