Die 65-jährige Helga Lüdtke sitzt in ihrem Garten in Hamburg-Othmarschen, wo sie seit über 20 Jahren verletzte Fledermäuse aufpäppelt. Ein unerwarteter Anruf lässt sie strahlen. «Sie haben zugestimmt! Der alte Wasserturm in Altona wird Fledermausquartier», erzählt sie mit leuchtenden Augen. Nach jahrelangem Kampf um Unterschlupfmöglichkeiten für die bedrohten Tiere ist dies ein Durchbruch.
Der denkmalgeschützte Turm stand seit 2015 leer. Nun wird er umgebaut, mit speziellen Einflugschlitzen und dunklen Ruhezonen für die nachtaktiven Tiere. «Wir könnten bis zu 300 Zwergfledermäuse unterbringen», erklärt Lüdtke, während sie behutsam eine verletzte Fledermaus füttert. Die ehemalige Lehrerin, von Freunden liebevoll «Hamburgs Batwoman» genannt, hat in ihrer Wohnung derzeit 17 Pfleglinge.
«Viele Menschen haben Angst vor Fledermäusen – völlig unbegründet», sagt Prof. Dr. Manfred Schulz vom Naturschutzbund Hamburg. «Eine Zwergfledermaus frisst bis zu 1.000 Mücken pro Nacht. Sie sind unersetzlich für unser Ökosystem.» Laut Umweltbehörde sind sechs der 15 heimischen Fledermausarten vom Aussterben bedroht.
In meinen Jahren als Reporterin habe ich viele Umweltschützer getroffen, aber Lüdtkes Hingabe ist einzigartig. Nachts steht sie auf, um ihre Schützlinge zu füttern. Ihr Handy klingelt ständig: «Komm schnell, hier liegt eine im Garten!» oder «Eine ist gegen mein Fenster geflogen!»
Die ersten Fledermäuse sollen im Frühjahr einziehen. Während Politik und Baubranche oft um Kompromisse ringen, ist dieses Projekt ein seltenes Beispiel für gelungenen Artenschutz im Stadtgebiet. Es lohnt sich, genauer hinzuschauen, wenn wir das nächste Mal eine Fledermaus am Abendhimmel sehen – dank Menschen wie Lüdtke haben diese faszinierenden Tiere vielleicht doch eine Zukunft in unserer Stadt.