Zwischen Bier, Bratwurst und Tradition: Die fränkische Kerwa ist in vollem Gange. In Hunderten Ortschaften in Ober-, Mittel- und Unterfranken feiern die Menschen dieser Tage ihr Kirchweihfest – ein Stück bayerischer Identität, das weit mehr ist als nur ein Dorffest. Der Ursprung reicht bis ins Mittelalter zurück, als die Weihe der Ortskirche Anlass zum Feiern gab. Heute lockt die Kerwa jährlich Tausende Besucher an.
«Unsere Kerwa ist nicht nur ein Fest, sondern ein Lebensgefühl», erklärt Martin Reichel, Bürgermeister eines kleinen Ortes bei Bamberg. Ich erlebe auf meinen Reportagereisen immer wieder, wie stolz die Franken auf ihre Traditionen sind. Die jungen «Kerwasburschen» stellen den Kirchweihbaum auf, der in manchen Orten bis zu 30 Meter hoch sein kann. Die Vorbereitungen laufen oft wochenlang.
Besonders die kulinarischen Spezialitäten machen das Fest aus: «Schäuferla» (Schweineschulter), «Blaue Zipfel» (Bratwürste in Essigsud) und natürlich das fränkische Bier. «Beim Bierbrauen verstehen wir keinen Spaß», sagt Braumeister Thomas Wirth aus Forchheim. «Unsere Familienbrauerei gibt es seit 1870, und wir brauen immer noch nach altem Rezept.»
Die fränkische Kerwa ist auch ein wirtschaftlicher Faktor. Lokale Gastwirte, Schausteller und Handwerker profitieren. Das Bayerische Landesamt für Statistik schätzt den jährlichen Umsatz aller Kirchweihfeste in Franken auf über 100 Millionen Euro.
In Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung scheint die Bedeutung solcher Feste sogar zu wachsen. «Die Menschen suchen wieder nach Verwurzelung und Gemeinschaft», beobachtet Kulturwissenschaftlerin Dr. Sabine Rückert von der Universität Erlangen. Wird die Kerwa also auch in 50 Jahren noch gefeiert? Wenn es nach den Franken geht, ist die Antwort klar: «Freili!«