Article – In Erfurt verhandelt das Bundesarbeitsgericht heute einen Fall, der für die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern richtungsweisend sein könnte. Eine Abteilungsleiterin aus Sachsen klagt gegen ihren früheren Arbeitgeber, weil sie für die gleiche Arbeit rund 1.000 Euro weniger Gehalt bekam als ein männlicher Kollege in vergleichbarer Position.
Die Klägerin beruft sich auf das Entgelttransparenzgesetz, das seit 2017 in Deutschland gilt. Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen: Frauen verdienen hierzulande im Schnitt noch immer 18 Prozent weniger als Männer. Selbst bei gleicher Qualifikation und Position bleiben etwa 6 Prozent unerklärbare Differenz.
«Dieser Fall könnte ein Präzedenzfall werden», erklärt Arbeitsrechtsexpertin Johanna Weber. «Erstmals muss das höchste deutsche Arbeitsgericht entscheiden, wie konkret die Beweislast zwischen Arbeitnehmerin und Arbeitgeber verteilt ist.» Der Arbeitgeber argumentiert, der männliche Kollege habe aufgrund längerer Berufserfahrung und besserer Verhandlungsposition das höhere Gehalt bekommen.
Die Vorinstanzen gaben der Frau nur teilweise Recht. Als ich vor zwei Jahren ähnliche Verhandlungen in München beobachtete, waren die Hürden für Klägerinnen noch sehr hoch. Viele Frauen scheiterten an der schwierigen Beweisführung.
Neben der Klägerin verfolgen auch Gewerkschaften und Gleichstellungsverbände den Fall mit großem Interesse. «Die systematische Unterbezahlung von Frauen ist kein individuelles, sondern ein strukturelles Problem«, betont DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel.
Eine Entscheidung könnte noch heute fallen. Sie wird nicht nur für die Klägerin, sondern für tausende berufstätige Frauen in Deutschland wegweisend sein. Die zentrale Frage bleibt: Wie transparent müssen Unternehmen bei der Begründung von Gehaltsunterschieden zwischen den Geschlechtern sein? Und wann ist «gleichwertige Arbeit» tatsächlich gleich zu bezahlen?