Der Oppositionsführer Friedrich Merz hat bei seiner heutigen Sommerpressekonferenz in Berlin überraschend klare Worte für die Ampel-Regierung gefunden. Entgegen der Erwartungen vieler politischer Beobachter verzichtete der CDU-Chef auf eine Generalabrechnung mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Stattdessen lobte er einzelne Aspekte der Regierungsarbeit, besonders in der Außenpolitik.
«In der Ukraine-Politik gibt es keine Alternative zum aktuellen Kurs», erklärte Merz vor den versammelten Journalisten. Eine Beobachtung, die mich während der gesamten Pressekonferenz begleitete: Der sonst so angriffslustige Oppositionsführer wirkte heute differenzierter in seiner Kritik und staatstragender als gewohnt.
Dennoch blieb Merz in wirtschaftspolitischen Fragen auf Konfrontationskurs. «Deutschland verliert als Wirtschaftsstandort dramatisch an Boden«, kritisierte er und forderte ein umfassendes Entlastungspaket für Unternehmen. Die aktuellen Wachstumsprognosen von nur 0,2 Prozent für 2024 seien «alarmierend und Ergebnis falscher politischer Weichenstellungen».
Auf meine Nachfrage zu möglichen Koalitionsoptionen nach der nächsten Bundestagswahl blieb Merz vage. Bemerkenswert war jedoch sein Signal an die FDP: «Mit überzeugten Marktwirtschaftlern kann man immer reden.» Ein Satz, den ich so interpretiere, dass die Tür für Christian Lindner offensteht – sofern dessen Partei überhaupt wieder in den Bundestag einzieht.
Was bei der Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus für mich besonders deutlich wurde: Merz bereitet sich auf Regierungsverantwortung vor. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wann die Union wieder regieren wird. Und was dann vom heutigen moderaten Ton übrig bleibt.