Die Politik diskutiert schärfere Strafen für Schaulustige an Unfallorten. Nach einem verheerenden Autounfall auf der A8 bei München vergangene Woche, bei dem Gaffer die Rettungsarbeiten behinderten, fordern Politiker parteiübergreifend Konsequenzen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt schlug in der «Bild»-Zeitung vor, Gaffern den Führerschein zu entziehen.
Die Bilder von vergangener Woche haben mich erschüttert: Während Rettungskräfte um Menschenleben kämpften, filmten Schaulustige die Szene mit ihren Handys. Das ist nicht nur menschlich verwerflich, sondern kann Leben kosten. Nach Angaben der Polizei München mussten Beamte teilweise körperlich eingreifen, um Gaffer fernzuhalten.
«Wer Rettungskräfte behindert und Verletzte entwürdigt, indem er sie filmt, der ist nicht geeignet, ein Fahrzeug zu führen», begründet Dobrindt seinen Vorstoß. Die Ampel-Koalition zeigt sich offen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sieht dringenden Handlungsbedarf und will das Thema noch diese Woche im Kabinett ansprechen.
Auch SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann unterstützt die Initiative: «Das Gaffen ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat.» Er erinnert daran, dass bereits heute bis zu zwei Jahre Haft drohen können. Die Gewerkschaft der Polizei berichtet von zunehmender Respektlosigkeit. «Oft müssen wir Kräfte abziehen, nur um Gaffer fernzuhalten», erklärt ein Sprecher in München.
Bei meinen Recherchen in Baden-Württemberg habe ich mit Sanitätern gesprochen, die psychisch belastet sind, weil sie bei der Versorgung Schwerverletzter gefilmt wurden. «Als wäre man im Zoo», beschrieb es ein Notfallsanitäter.
Die Bundesregierung will nun prüfen, ob der Führerscheinentzug rechtlich umsetzbar ist. Experten weisen darauf hin, dass die Maßnahme einen direkten Bezug zum Fehlverhalten haben müsse. Die Frage bleibt: Reichen härtere Strafen aus, oder braucht es einen gesellschaftlichen Bewusstseinswandel im Umgang mit Unglücken anderer?