In Berlin eskalierte gestern Abend eine als «internationalistisch und revolutionär» beworbene Demonstration im Stadtteil Neukölln. Die Polizei musste die Versammlung mit rund 3.000 Teilnehmern auflösen, nachdem Einsatzkräfte massiv mit Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern angegriffen wurden. Mehr als 50 Beamte erlitten Verletzungen, wie die Berliner Polizei heute mitteilte.
Die ursprünglich angemeldete Route sollte durch Neukölln und Kreuzberg führen. Doch bereits kurz nach Beginn kam es zu ersten Ausschreitungen. Vermummte Demonstranten zündeten Pyrotechnik, griffen Polizisten an und beschädigten parkende Autos. «Die Gewaltbereitschaft war von Anfang an spürbar», berichtet ein Polizeisprecher. «Wir hatten es mit organisierten Gruppen zu tun, die gezielt Konfrontation suchten.»
Als ich vor Ort eintraf, war die Stimmung bereits aufgeheizt. Schwarzer Rauch stieg über der Sonnenallee auf, während sich viele Anwohner besorgt in Hauseingängen drängten. Eine Ladenbesitzerin, die anonym bleiben möchte, berichtete: «Ich habe mein Geschäft sofort geschlossen. Es war wie ein Kriegsgebiet.»
Die Veranstalter hatten im Vorfeld mit antiimperialistischen Parolen mobilisiert und Solidarität mit Palästina gefordert. Berlins Innensenatorin Iris Spranger verurteilte die Gewalt scharf: «Was wir gestern erlebt haben, hat mit Meinungsfreiheit nichts zu tun. Das waren gezielte Angriffe auf unseren Rechtsstaat.»
Nach der Auflösung kam es in umliegenden Straßen zu weiteren Auseinandersetzungen. Die Polizei nahm 56 Personen fest. In den sozialen Medien kursieren zahlreiche Videos der Ausschreitungen. Für die kommenden Tage sind weitere Demonstrationen angekündigt – die Behörden bereiten sich auf einen schwierigen 1. Mai vor. Die Frage bleibt: Wie lässt sich das Demonstrationsrecht schützen, ohne die Sicherheit von Einsatzkräften und Unbeteiligten zu gefährden?