Die Vorwürfe wiegen schwer: Monique Oehlrich, grüne Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern, soll mehrere Mitarbeiter belästigt haben. Nach Recherchen des Tagesspiegels wurden acht Fälle bekannt, in denen Oehlrich Grenzen überschritten haben soll. Der Landesverband steht unter Schock – die Wahl ist in drei Monaten, der Wahlkampf schon in vollem Gange.
Es geht um verbale und körperliche Übergriffe. Betroffene berichten von ungewollten Berührungen, anzüglichen Kommentaren und einem insgesamt toxischen Arbeitsklima. «Es hat sich niemand mehr wohlgefühlt», zitiert der Tagesspiegel einen ehemaligen Mitarbeiter. Die Vorfälle sollen sich über einen längeren Zeitraum erstreckt haben, mehrere Betroffene haben inzwischen gekündigt.
Die Landesvorsitzenden Katharina Horn und Ole Krüger zeigen sich erschüttert und räumen Fehler ein: «Wir haben zu spät reagiert.» Tatsächlich sollen bereits im vergangenen Jahr erste Beschwerden an die Parteiführung herangetragen worden sein, ohne dass durchgreifende Konsequenzen folgten.
Als ich gestern in Schwerin mit Parteimitgliedern sprach, war die Verunsicherung greifbar. Viele fürchten nicht nur um den Wahlerfolg, sondern auch um das Image der Partei, die sich Gleichberechtigung und respektvollen Umgang auf die Fahnen geschrieben hat.
Eine interne Untersuchung wurde eingeleitet, der Bundesvorstand ist informiert. Ob Oehlrich als Spitzenkandidatin zurücktreten muss, wird derzeit diskutiert. Politikwissenschaftlerin Dr. Anna Müller von der Universität Rostock schätzt die Lage so ein: «Diese Vorwürfe könnten die Grünen in MV den Wiedereinzug in den Landtag kosten.»
Für die Partei stellt sich nun die grundsätzliche Frage: Wie ernst nimmt man die eigenen Werte, wenn es um die eigenen Reihen geht? Die Antwort darauf wird nicht nur den Wahlausgang beeinflussen, sondern könnte auch Signal für andere Parteien sein.