Auf der Louisenstraße in Dresden könnte bald ein neues Kapitel beginnen. Mehr als 6.000 Dresdnerinnen und Dresdner haben eine Petition für eine autofreie Neustadt-Flaniermeile unterschrieben. Seit Montagabend liegt der Wunsch nach einem verkehrsberuhigten Bereich zwischen Alaunstraße und Görlitzer Straße nun offiziell auf dem Tisch der Stadtverwaltung. Besonders beeindruckend: Fast 90 Prozent der Unterschriften stammen aus Dresden selbst.
Die Initiatoren um Robert Klemm haben klare Vorstellungen: Mehr Grün, weniger Blech. «Wir wollen einen Lebensraum schaffen, in dem Menschen sich begegnen können, ohne ständig auf den Verkehr achten zu müssen», erklärt Klemm. Das Konzept sieht vor, dass nur noch Anwohner und Lieferverkehr zu bestimmten Zeiten Zufahrt erhalten. Stattdessen sollen Bäume gepflanzt, Sitzgelegenheiten geschaffen und der vorhandene Platz neu verteilt werden.
In meinen fast zwei Jahrzehnten als Reporterin habe ich viele Stadtumbauprojekte begleitet, doch selten war die Resonanz so eindeutig. Bei Gesprächen vor Ort wird klar: Die Neustadt ist längst mehr als nur ein Ausgehviertel. «Hier leben und arbeiten Menschen, die sich nach mehr Lebensqualität sehnen», sagt eine Anwohnerin, während ihr Kleinkind vorsichtig auf dem schmalen Gehweg balanciert.
Die Stadtverwaltung steht nun vor einer Herausforderung. Oberbürgermeister Dirk Hilbert versprach eine «ergebnisoffene Prüfung», während das Straßen- und Tiefbauamt bereits Bedenken wegen der Verkehrsführung äußert. Der zuständige Stadtbezirksbeirat Neustadt hat sich jedoch bereits mehrheitlich für das Konzept ausgesprochen.
Was in Hamburg mit der Ottenser Versuchsstraße funktioniert hat, könnte auch in Dresden gelingen. Doch letztlich bleibt die Frage: Wem gehört eigentlich die Stadt? Den Autos oder den Menschen, die dort leben? Die Louisenstraße könnte zum Modellprojekt werden – nicht nur für Dresden.