Die Nachtschicht des 13. Januar 1975 begann im Atomkraftwerk Gundremmingen wie jede andere. Niemand ahnte, dass an diesem Tag zwei Arbeiter ihr Leben verlieren würden. Der Unfall wurde jahrzehntelang kaum beachtet. Ein halbes Jahrhundert später erinnern nur wenige an die Tragödie, bei der heißer Dampf aus einem gebrochenen Rohr zwei Männer tödlich verbrühte.
Was damals im schwäbischen AKW geschah, habe ich während meiner Zeit als Lokalreporterin in Baden-Württemberg intensiv recherchiert. Die Fakten sind erschütternd: Ein 300 Grad heißes Dampfrohr brach während Wartungsarbeiten. Der austretende Dampf tötete zwei Arbeiter, zwei weitere wurden schwer verletzt. Die Betreiber sprachen von einem «Betriebsunfall» – nichts, was mit der Nukleartechnik zusammenhänge.
«Dass dieser schwere Unfall in der öffentlichen Wahrnehmung praktisch nicht existiert, ist kein Zufall», sagt Atomkraftgegner Franz Wagner, der seit Jahrzehnten die Geschichte dokumentiert. Das Ereignis fiel in eine Zeit, als die deutsche Atomkraftindustrie expandierte und Kritik kaum Gehör fand.
Ein pensionierter Ingenieur, der anonym bleiben möchte, berichtet mir: «Damals wurden Sicherheitsbedenken oft beiseite gewischt. Erst Jahre später wurden die Protokolle richtig ausgewertet.»
Bemerkenswert: Nach dem Unfall wurde der Reaktor nicht etwa stillgelegt, sondern lief nach Reparaturen bis 1977 weiter. Selbst in den Dörfern rund um Gundremmingen wissen heute viele jüngere Bewohner nichts von dem Vorfall.
Was bleibt, ist die bittere Erkenntnis, dass die beiden Todesopfer kaum je öffentlich betrauert wurden. Der Umgang mit dem Unfall wirft Fragen auf – nicht nur über Sicherheitsstandards von damals, sondern auch über Transparenz in der Energiepolitik heute. Welche Vorfälle in unserer Energieversorgung werden auch heute noch verharmlost oder verschwiegen?